Grafik mit sitzenden Menschen über denen sich Sprechblasen befinden, daneben eine Gruppe stehender Menschen, die demonstrieren.

Was ist Engagement?

Ehrenamt, Freiwilligenarbeit oder Engagement – oft verwenden wir diese Begriffe, als seien sie austauschbar. Aber bedeuten sie wirklich alle das gleiche? 

Kurz erklärt

Der Begriff Engagement bedeutet ganz allgemein, dass Menschen sich aktiv für etwas einsetzen, das ihnen wichtig ist. Wenn Menschen für die Gesellschaft aktiv werden, nennen wir das gesellschaftliches Engagement. Zunehmend wird der freiwillige Einsatz für das Gemeinwohl auch als bürgerschaftliches Engagement bezeichnet. Meistens wird dieser Begriff aber vor allem für diejenigen Formen des Engagements verwendet, bei denen es um politische Mitsprache geht.

Demokratisch engagiert

Das Wort Engagement klingt für uns positiv. Tatsächlich bedeutet es nur, sich aktiv für etwas einzusetzen. Das können eigene Interessen sein, aber auch zum Beispiel die Interessen einer Firma. Auch ein Verkäufer oder eine Verkäuferin können engagiert darin sein, ihre Produkte an die Kund:innen zu bringen.

In diesem Special steht der freiwillige Einsatz für die Interessen unserer Gesellschaft im Mittelpunkt: das gesellschaftliche Engagement. Dazu gehören neben der Mitarbeit in Vereinen oder sozialen Einrichtungen auch der Einsatz für politische Ziele, zum Beispiel in Bürgerinitiativen, Gewerkschaften oder Parteien. Man kann es auch „demokratisches“ Engagement nennen.

Demokratisches Engagement beruht auf demokratischen Werten. Dazu gehört die Toleranz gegenüber anderen Menschen, unabhängig von Geschlecht, Herkunft, Hautfarbe oder Religion, und gegenüber anderen Meinungen.

Das Engagement für bestimmte gesellschaftliche Ziele kann zwar Konflikte mit sich bringen. Doch demokratisches Engagement sollte immer friedlich sein und offen für die Verständigung mit anderen Positionen. Auch wenn man sich für bestimmte Interessen einsetzt, berücksichtigt man dabei das allgemeine Wohl und die Rechte anderer.

Engagementstrategie für NRW

Im Februar 2021 hat die Landesregierung die Engagementstrategie für NRW beschlossen
(zur Ankündigung der Landesregierung). Ziel ist, das freiwillige Engagement zu stärken. Die Landesregierung will dafür zusätzlich Geld ausgeben, um unter anderem eine Servicestelle einzurichten und die vielfältigen Initiativen in NRW besser zu vernetzen. Außerdem sollen Qualifizierungs- und Weiterbildungsangebote für Engagierte ausgebaut werden. Hintergrund: Das freiwillige Engagement stärkt den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Demokratie, heißt es in der Strategie. Es bewirkt mehr Teilhabe und ermöglicht die Erfahrung, etwas zu bewegen.

Von Nachbarschaftshilfe bis Parteimitgliedschaft

Die Formen gesellschaftlichen Engagements sind vielfältig. Das Spektrum schließt sowohl die Freiwilligenarbeit ein, zum Beispiel die Nachbarschaftshilfe, als auch verschiedene Formen des politischen Engagements. Es reicht zudem von freien Formen bis hin zu institutionellen Tätigkeiten, zum Beispiel in kommunalen Ehrenämtern.

Die Übergänge zwischen gemeinnütziger Arbeit und politischem Engagement sind fließend. Manchmal beinhaltet eine Tätigkeit auch beide Aspekte. Ein mögliches Beispiel ist eine Bürgerinitiative, die vor Ort praktische Hilfe für Geflüchtete leistet, sich aber auch politisch für deren Interessen einsetzt.

Freiwilligenarbeit bezeichnet freiwillige gemeinnützige Tätigkeiten ohne Entlohnung. Darunter fallen zum Beispiel verschiedene Formen solidarischer Hilfe wie die Nachbarschaftshilfe oder der Einsatz für Sport, Kultur und Umwelt in konkreten Projekten vor Ort. Gerade während der Corona-Krise sind viele solidarische Initiativen entstanden. Menschen haben einander unterstützt, indem sie zum Beispiel für ältere Menschen einkaufen gegangen sind. Solche Aktivitäten können einen positiven Einfluss auf eine Gemeinschaft haben, ohne jedoch ein politisches Ziel zu verfolgen.

Bürgerschaftliches Engagement wird in der Fachsprache als Oberbegriff für den freiwilligen Einsatz für das Gemeinwohl verwendet. Das schließt zum Beispiel die Mitgliedschaft und Mitarbeit in Vereinen und Verbänden ein. Meist wird der Begriff im engeren Sinne verwendet für Formen des Engagements, bei denen es um politische Partizipation geht. Dazu gehören politische Meinungsäußerungen, Protestaktionen oder andere Formen der Beteiligung an unserer repräsentativen Demokratie. Beispiele sind das Engagement in Gewerkschaften, direkt-demokratische Bürgerbeteiligung oder das Engagement in Rahmen von Bürgerinitiativen und sozialen Bewegungen.

Institutionelles Engagement bezeichnet freiwillige Aktivitäten innerhalb demokratischer Institutionen, zum Beispiel das parteipolitische Engagement oder den Einsatz für Petitionen. Zum Engagement außerhalb von Institutionen zählen dagegen zum Bespiel die Mitarbeit in NGOs oder in sozialen Bewegungen.

Der Begriff Ehrenamt wird vor allem dann verwendet, wenn das Engagement die Übernahme eines Amtes beinhaltet. Solche Ehrenämter gibt es unter anderem in Verbänden und Vereinen, in der Politik, in der Kirche oder in anderen gesellschaftlichen Institutionen. Wer ehrenamtlich tätig ist, will damit ausdrücklich kein Geld verdienen. Für manche Ehrenämter werden jedoch Aufwandsentschädigungen gezahlt. Umgangssprachlich wird der Begriff „Ehrenamt“ oft als Oberbegriff für freiwilliges Engagement benutzt.

Die Grenzen von Engagement

Nicht jede Form von Engagement steht auf dem Fundament unserer demokratischen Grundordnung. Auch die als verfassungsfeindlich eingestufte Partei NPD veranstaltet z. B. Skatabende, bietet eine Bürgerberatung oder unterstützt Vereine, die sich für Jugendliche engagieren, beobachtet zum Beispiel die Journalistin Andrea Röpke, die sich mit Rechtsextremismus auseinandersetzt (zum Beitrag bei Zeit Online). Hier wird Freiwilligenarbeit instrumentalisiert, um die eigene politische Agenda zu forcieren.

Ähnliche Strategien finden sich auch in anderen Bereichen, wie im extremistischen Islamismus. In diesem Bereich gibt es z. B. Netzwerke zur Gefangenenhilfe. Freiwillige besuchen und unterstützen Inhaftierte und versuchen so, Anhängerinnen und Anhänger zu rekrutieren. Das Phänomen beschreibt z. B. der Journalist Jan Bielicki (zum Artikel auf Sueddeutsche.de)

Die Beispiele zeigen: Was manche als freiwilligen Einsatz verstehen, muss nicht im Sinne der Gesellschaft sein – im Gegenteil. Die Bereitschaft von Menschen, sich für einen „guten Zweck“ einzusetzen, kann auch missbraucht werden. Wenn die zugrundeliegenden Ziele oder Mittel zur Zielerreichung nicht mehr mit unserer demokratischen Grundordnung übereinstimmen, werden die Grenzen des demokratischen Engagements überschritten. Die obigen Beispiele extremistischer Gruppierungen zeigen, wie diese Freiwillige für ihre Zwecke einbinden und sie gleichzeitig gegen den Rest der Gesellschaft aufzubringen versuchen, der angeblich dieses Engagement für das Gemeinwohl verhindern will.

Aber auch beim Einsatz für legitime Ziele wie Umwelt- oder Tierschutz können die Grenzen zwischen Engagement und Militanz überschritten werden. In beiden Fällen kann es dazu kommen, dass sich Unterstützer:innen radikalisieren, sich über Gesetze hinwegsetzen und sich vielleicht sogar bereiterklären, Gewalt anzuwenden.

Kinderfest und Rassenlehre: Clip "Rechtsextremismus heute" (2007)

Der Video-Beitrag zeigt, wie die NPD sich als familienfreundliche und sozial engagierte Partei darstellt: ein kostenloses NPD-Kinderfest, nationale Krabbelgruppen oder Sozialberatung von Hartz IV-Empfängern im Parteibüro - mit diesen Mitteln wird nach gesellschaftlicher Akzeptanz für eine verfassungsfeindliche Ideologie gesucht.

Zur Video-Reihe "Rechtsextrem - Zwischen Schnuller und Springerstiefeln" (2007)

Lesetipps

Enquete-Kommission „Zukunft des bürgerschaftlichen Engagements“:
zum Abschlussbericht (PDF, 2,9 MB)  auf der Website des Bundestags

Die Vielfalt des Engagements. Eine Herausforderung an Gesellschaft und Politik. Von Adalbert Evers, Thomas Klie und Paul-Stefan Roß
zum Beitrag  auf der Website der Bundeszentrale für politische Bildung

Wegweiser Bürgergesellschaft: Begriffe
zur Website www.buergergesellschaft.de