CDU klar vor SPD: Ist Schwarz-Grün das neue Zukunftsbündnis?

20.05.2022 - Themenbereiche: Nordrhein-Westfalen, Politik, Wahlen und Beteiligung

Mona Neubaur, Spitzenkandidatin der NRW-Grünen (Foto von: Bündnis 90/Die Grünen NRW. Originalbild: https://www.flickr.com/photos/gruenenrw/51738054595/ Lizenz: CC BY-SA 2.0: https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.0/)

Kurzfassung

Nach der Landtagswahl in NRW scheint es aus Sicht zahlreicher Beobachter:innen nur eine Antwort auf die Koalitionsfrage zu geben: Schwarz-Grün. Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU), der mit 35,7 Prozent der Stimmen einen klaren Sieg für die Christdemokraten einfuhr, betonte, er strebe ein „Zukunftsbündnis auf Augenhöhe“ an – und streckte damit auch die Hand nach den Grünen aus.

NRW wäre nicht das erste schwarz-grüne Bundesland

Dass die Königsmacher sich mit der gestürzten SPD und der nicht minder abgestraften FDP zusammentun, gilt als unwahrscheinlich. Zudem wäre NRW nicht das erste Bundesland, in dem Christdemokraten und Grüne ein Zweier-Bündnis schmieden: Von der Hamburger Landesregierung erstmals von 2008 bis 2010 erprobt, regiert Volker Bouffier (CDU) seit 2014 mit den Grünen in Hessen – in Baden-Württemberg koaliert Grünen-Ministerpräsident Winfried Kretschmann mit der CDU als Juniorpartner.

Dennoch gilt längst nicht als ausgemacht, dass es einem möglichen konservativ-ökologischen Bündnis gelingen kann, teils auseinanderklaffende Parteienpositionen unter einen Hut zu bringen. Bislang will die CDU nicht von der geltenden 1.000-Meter-Abstandsregel von Wohnhäusern zu Windrädern abweichen – die Grünen möchten diese Regel abschaffen. Und auch in puncto innere Sicherheit klaffen die Vorstellungen weit auseinander: Während die CDU sich für Videoüberwachung im öffentlichen Raum starkmacht, lehnen die Grünen eine solche Überwachung ab.

Lassen sich die Parteienpositionen der Grünen und der CDU zusammendenken? Ist Schwarz-Grün das Zukunftsbündnis für NRW?

Acht Perspektiven

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„NRW-Wahl: Es kann nur Schwarz-Grün kommen – eine Ampel wäre nicht vertretbar“

Der Westen, 15.05.2022 - Marcel Görmann

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Die Perspektive in 30 Sekunden

In den Augen von Online-Redakteur Marcel Görmann hat ein schwarz-grünes Regierungsbündnis durchaus das Zeug, sich in NRW zu einem Zukunftsbündnis zu formieren: „Schwarz-Grün in NRW wäre eine Chance, nicht nur Großstädte und ländliche Regionen in einem gemeinsamen Bündnis zu verbinden, sondern auch Generationen“, prophezeit Görmann auf der Nachrichtenplattform DER WESTEN.

Dieses Potenzial sieht Görmann vor allem in den unterschiedlichen Wählergruppen von CDU und Grünen begründet. Während nämlich 49 Prozent der über 70-Jährigen die Union gewählt haben, seien die Grünen mit 28 Prozentpunkten insbesondere bei den 18- bis 24-Jährigen beliebt. Mit dieser Rückendeckung könne der konservativ-ökologischen Koalition der „Spagat“ gelingen – und unterschiedliche Lager miteinander verbrüdern.

Dem amtierenden Ministerpräsidenten Hendrik Wüst (CDU) rechnet Görmann dabei gute Chancen aus, in die Rolle als „moderner Landesvater“ hineinzuwachsen – und mit den Grünen eine neue politische Ära an Rhein und Ruhr zu beginnen. „Wenn ihm diese Herausforderung gelingt, könnte er auch für Friedrich Merz zu einem ernsthaften Konkurrenten werden“, vermutet Görmann. „Schwarz-Grün wäre schließlich 2025 auch eine Alternative zur Ampel in Berlin...“

Anmerkungen der Redaktion

Marcel Görmann ist Online-Redakteur bei der NRW-Nachrichtenplattform DER WESTEN. Er arbeitet dort seit August 2020 im Politik-Ressort als Chef vom Dienst. Vor seiner Tätigkeit bei der Nachrichtenplattform DER WESTEN als Teil der FUNKE MEDIENGRUPPE hat Görmann unter anderem bei der bayrischen Abonnement-Zeitung MÜNCHNER MERKUR und der Münchner Boulevardzeitung TZ gearbeitet. Sein Studium der Politikwissenschaft, Soziologie und Pädagogik hat er 2010 an der Universität Erlangen-Nürnberg absolviert.

DER WESTEN ist eine Nachrichtenplattform der Funke Mediengruppe. Zur Funke Mediengruppe gehört unter auch das REDAKTIONSNETZWERK DEUTSCHLAND. Die Plattform bietet hauptsächlich Berichterstattung über Themen, die NRW – und spezieller das Ruhrgebiet – betreffen. Darüber hinaus veröffentlicht DER WESTEN auch viele boulevardeske Beiträge, die Prominente oder TV-Shows behandeln. Laut Similarweb hatte die DER WESTEN im April 2022 rund 16 Millionen Besuche zu verzeichnen. Chefredakteurin des WESTEN ist seit 2022 die Journalistin Bettina Steinke, die zuvor auch stellvertretende Chefredakteurin des Mediums und stellvertretende Nachrichtenchefin der BILD-Zeitung des Axel-Springer-Verlags gewesen ist.

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„In Wahrheit leben wir längst in einer grünen Republik“

Focus Online, 17.05.2022 - Ulrich Reitz

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Die Perspektive in 30 Sekunden

Schwarz-Grün könnte sich auch für die deutsche Industrie auszahlen, macht der Korrespondent Ulrich Reitz im Nachrichtenmagazin FOCUS deutlich. Nach Reitz’ Analyse habe „der grüne Industrieschreck von einst“ sich inzwischen von seinem Anti-Wachstumskurs verabschiedet – und sich ein neues Ziel gesetzt: nämlich Klimapolitik gemeinsam mit der Wirtschaft durchzusetzen. „Die neuen Grünen wissen, dass es nur so funktionieren wird“, konstatiert der Autor.

Auch im NRW-Wahlkampf habe die grüne Landesvorsitzende und Spitzenkandidatin Mona Neubaur ihren guten Draht zur Wirtschaft unter Beweis gestellt. So trafen die Grünen sich etwa zum Gedankenaustausch mit Christian Kullmann, dem Vorstandsvorsitzenden des Essener Spezialchemie-Unternehmens Evonik. Ihr Image als „Anti-Industrie-Partei“ sei durch Schulterschlüsse wie diesen längst abgeschüttelt: „Kullmann, seit ewig auf Seiten der CDU, ist voll des Lobes für die Grünen“, betont Reitz.

Zwar habe die Partei viele Jahre „Politik gegen die Wirtschaft“ betrieben – auch in NRW. „Aber die Geschichte vom bekehrten Revolutionär ist einfach besser als die von dem, der es immer schon wusste“, schreibt Reitz. Ein Hemmschuh für die Wirtschaft stehe durch ein Bündnis von CDU und Grünen jedenfalls nicht mehr zu befürchten. Denn: „Die Grünen haben die Kraft und das Selbstbewusstsein, ihre DNA zu verändern“, glaubt der Autor.

Anmerkungen der Redaktion

Ulrich Reitz ist Journalist und Chefkorrespondent bei FOCUS ONLINE. Der studierte Germanist und Politikwissenschaftler hat 1985 bei der Tageszeitung DIE WELT volontiert. In seiner journalistischen Laufbahn war er unter anderem Chefredakteur beim FOCUS, bei der RHEINISCHEN POST und bei der WESTDEUTSCHEN ALLGEMEINEN ZEITUNG. Als Autor war er an dem Buch „Roman Herzog. Der neue Bundespräsident im Gespräch“ beteiligt und hat 1996 eine Biografie über Wolfgang Schäuble veröffentlicht.

Der FOCUS ist ein wöchentlich erscheinendes deutsches Nachrichtenmagazin. Er ist 1993 vom Hubert Burda Verlag als Konkurrenz zum SPIEGEL gegründet worden. Das Magazin erschien zuletzt in einer verkauften Auflage von knapp 247.000 Exemplaren (1/2022) und gehört damit zusammen mit dem SPIEGEL und dem STERN zu den reichweitenstärksten deutschen Wochenmagazinen. Der FOCUS gilt dabei in seiner Ausrichtung im Vergleich zu den beiden Konkurrenzmagazinen als konservativer. Auch der Online-Auftritt des Magazins gehört zu den reichweitenstärksten in ganz Deutschland: Laut der Arbeitsgemeinschaft Online Forschung (AGOF) hatte FOCUS.DE im Dezember 2021 rund 27 Millionen Nutzer:innen zu verzeichnen. Das GOETHE-INSTITUT befindet, das Blatt vertrete eine wirtschaftsliberale Haltung und wende sich „mit vielen grafischen Darstellungen und farbintensiven Bildern, insbesondere an Leser:innen mit weniger Zeit“. Wie viele andere Medien in Deutschland hat der FOCUS seit Jahren stark sinkende Verkaufszahlen zu verzeichnen: Anfang 2000 lag die Auflage noch bei knapp 811.000 verkauften Exemplaren.

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„Meinung: Wenn die Ampel schwarz-grün leuchtet“

Deutsche Welle, 15.05.2022 - Christoph Strack

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Die Perspektive in 30 Sekunden

Der Redakteur Christoph Strack findet, dass ein schwarz-grünes Bündnis in NRW einen Vertrauensvorschuss verdient. Immerhin habe sich die Zusammenarbeit zwischen CDU und Grünen bereits vielerorts bewährt: „[E]s wäre in der deutschen Parteienlandschaft nicht einmal sensationell“, kommentiert Strack für den Auslandsrundfunk DEUTSCHE WELLE.

In Hessen regiere die CDU etwa schon seit gut acht Jahren gemeinsam mit den Grünen – „unter dem einst als knochenkonservativ einsortierten CDU-Ministerpräsidenten Volker Bouffier“, unterstreicht Strack. Auch im Südwesten Deutschlands sei zu beobachten, dass die christlich-ökologische Koalition funktioniere: „In Baden-Württemberg führt der ganz anders knochenkonservative Grüne Winfried Kretschmann seit sechs Jahren eine grün-schwarze Koalition“, stellt der Autor heraus.

Zuletzt seien die Grünen auch auf kommunaler Ebenein Nordrhein-Westfalen zusehends präsent. „Städte wie Bonn oder Mönchengladbach haben ein grünes Stadtoberhaupt, in Köln sorgten die Grünen mit dafür, dass die parteilose Oberbürgermeisterin ins Amt gewählt wurde“, schreibt Strack. Schwarz-grüne Koalitionen gebe es zudem in Städten wie Düsseldorf oder Wuppertal. Mit dem jüngsten Wahlausgang breche das Bündnis sich jetzt auch auf der Landesebene Bahn. „Spätestens dann wäre Schwarz-Grün der mächtige Gegenentwurf zur Ampel“, prognostiziert Strack.

Anmerkungen der Redaktion

Christoph Strack, ist studierter Theologe (Bonn und Jerusalem) und arbeitet seit gut 30 Jahren als Journalist mit dem Schwerpunkt Religionen und Religionspolitik. Er ist außerdem Redakteur im Hauptstadtstudio des Auslandsrundfunks der Bundesrepublik Deutschland, DEUTSCHE WELLE TV. Strack ist dort unter anderem für die Berichterstattung über die katholische Kirche verantwortlich. Zuvor ist er Chefkorrespondent und Leiter des Hauptstadtbüros der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) gewesen.

Die DEUTSCHE WELLE ist der Auslandsrundfunk der Bundesrepublik Deutschland. Er wird aus Bundesmitteln finanziert und ist Mitglied der ARD. Die DEUTSCHE WELLE produziert Online-, Fernseh- und Radiobeiträge und sendet in rund 30 Sprachen. Damit ist sie einer der Träger der auswärtigen Kulturpolitik der Bundesrepublik Deutschland. Die Inhalte der Programme haben einen Schwerpunkt auf Nachrichten, Dokumentationen und Kulturberichterstattung. Die DEUTSCHE WELLE sorgte im Frühjahr 2020 für Schlagzeilen, nachdem die TAGESZEITUNG (TAZ) einige Schilderungen von Mitarbeiter:innen veröffentlicht hat. Sie berichteten von einem schlechten Arbeitsklima, von Rassismus, Mobbing und systematischer Unterdrückung von Kritik.

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„Warum es mit einer schwarz-grünen Regierung nicht automatisch besser wird“

Augsburger Allgemeine, 16.05.2022 - Christian Grimm

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Die Perspektive in 30 Sekunden

Der Berlin-Korrespondent Christian Grimm traut dem vermeintlichen „Zukunftsbündnis“ Schwarz-Grün noch nicht über den Weg. Denn trotz der offensichtlichen Annäherungsversuche zwischen Christdemokraten und Grünen bleibe das konservativ-ökologische Bündnis ein Drahtseilakt: „Der Politik einer schwarz-grünen Koalition können die Leitmotive Wandel und Sicherheit Orientierung geben, in der Praxis kann es dennoch herzhaft krachen“, warnt der Kommentator in der Tageszeitung AUGSBURGER ALLGEMEINE.

Entsprechende Warnsignale seien derzeit etwa in der Sicherheitspolitik auf Bundesebene zu beobachten – denn dort werde aktuell über das Sondervermögen für die Bundeswehr gestritten: Auf der einen Seite stehe das grüne Lager, das den geplanten 100-Milliarden-Topf auch für die Entwicklungshilfe anzapfen wolle. Unversöhnlich gegenüber stehe den Grünen jedoch die oppositionelle Union, nach deren Ansicht die Finanzspritze ausschließlich der Bundeswehr vorbehalten sein dürfe. „Das Ziel einer schlagkräftigen Armee haben sie beide, von selbst fügen sich die Dinge aber nicht“, mahnt Grimm.

Trotz gewisser inhaltlicher Barrieren werde Nordrhein-Westfalen wohl eine schwarz-grüne Landesregierung bekommen – zumindest, „wenn in den nächsten Wochen kein politischer Unfall passiert“, so Grimms Prognose. Im einwohnerstärksten Bundesland werde dann im Kleinen erprobt, was sich „im großen Ganzen“ – also auf Bundesebene – noch nicht zusammenfüge.

Anmerkungen der Redaktion

Christian Grimm ist Journalist und Hauptstadt-Korrespondent für die AUGSBURGER ALLGEMEINE. Der studierte Politikwissenschaftler hat bei der THÜRINGER ALLGEMEINEN volontiert und beschäftigt sich hauptsächlich mit der Energiewende, der Diesel-Krise, der Konjunkturentwicklung und jungen Unternehmen. Grimm hat unter anderem auch für DOW JONES NEWSWIRE gearbeitet, eine Nachrichtenplattform, die zum WALL STREET JOURNAL gehört.

Die AUGSBURGER ALLGEMEINE ist eine der größten bayerischen Lokalzeitungen. Sie gehört zur Mediengruppe Pressedruck, die nach Gesamtauflage das bundesweit sechstgrößte Verlagshaus ist. Das Hauptverbreitungsgebiet der AUGSBURGER ALLGEMEINEN ist das bayerische Schwaben und die angrenzenden Teile Oberbayerns. Die verkaufte Auflage inklusive ihrer lokalen Ableger beträgt gegenwärtig rund 280.000 Exemplare (1/2022). Der Online-Auftritt der Zeitung belegte Anfang 2020 laut der Arbeitsgemeinschaft Online-Forschung (AGOF) Platz 24 der meist aufgerufenen deutschen Nachrichtenportale. Die Redaktionen und Journalist:innen der AUGSBURGER ALLGEMEINEN haben einige Journalistenpreise gewonnen, unter anderem den Theodor-Wolff-Preis und den European Newspaper Award.

 

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„Schwarz-Grün ist noch kein Modell für Berlin“

Frankfurter Allgemeine Zeitung, 16.05.2022 - Christian Geinitz

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Die Perspektive in 30 Sekunden

Der Wirtschaftskorrespondent Christian Geinitz warnt in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG (FAZ) davor, ein schwarz-grünes Bündnis in NRW zu verherrlichen – und dabei womöglich auch noch voreilig nach Berlin zu schielen. Denn aus Sicht des Autors hat die Liaison zwischen CDU und Grünen ihren Preis: vor allem für die Christdemokraten.  

Geinitz begründet seine Vorbehalte mit inhaltlichen Differenzen. So werde es etwa eine strenge staatliche Haushaltspolitik – wie Geinitz sie von der CDU erwartet – mit den Grünen nicht geben. Und auch hinsichtlich marktwirtschaftlicher Grundsätze klaffe zwischen den Parteipositionen eine tiefe Schlucht. Zudem sind Geinitz die „Schwächen der grünen Energiepolitik“ ein Dorn im Auge: Mit ihr seien „Auswüchse auf die Versorgungssicherheit, auf die Preise und die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie“ zu befürchten.

Der Autor ruft die Christdemokraten dazu auf, für ihre Grundsätze einzustehen: „Gerade in einer Zeit, in der die FDP ihren liberalen Kompass verliert, muss die Union die Fahne der Austerität, der Marktkräfte, die Eigenverantwortung mündiger Bürger hochhalten“, appelliert er. Auch rät der Wirtschaftskorrespondent davon ab, die Verhandlungen in NRW als wegweisend für Berlin zu interpretieren. „Machtpolitisch mag dieser Weg klug sein, inhaltlich aber sollte sich Merz davon nicht leiten lassen.“

Anmerkungen der Redaktion

Christian Geinitz ist Journalist und Wirtschaftskorrespondent in der Berliner Parlamentsredaktion der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG (FAZ). Dort absolvierte er bereits sein Volontariat, nachdem er während seines Studiums als Hörfunkreporter für den SÜDWESTFUNK tätig gewesen war. Der studierte und promovierte Politik- und Geschichtswissenschaftler schreibt hauptsächlich über die Themen Klima, Energie und Gesundheit. 2013 ist sein Buch „Chinas verborgene Schätze. Wie wir am nächsten Aufschwung mitverdienen“ erschienen. 2022 beschäftigte er sich wieder mit der chinesischen Wirtschaft. Diesmal unter dem Titel: „Chinas Griff nach dem Westen. Wie sich Peking in unsere Wirtschaft einkauft.“

Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG (FAZ) ist eine deutsche überregionale Tageszeitung. Sie ist 1949 gegründet worden und wird zu den deutschen Leitmedien gezählt. Dies sind Medien, die einen besonderen Einfluss auf die öffentliche Meinung und auf andere Massenmedien ausüben. Laut Eigenangabe steht sie „für den Erhalt und die Stärkung der demokratischen Ordnung und der Sozialen Marktwirtschaft in Deutschland“. Die FAZ gilt als liberal-konservatives Blatt. THE EUROPEAN schreibt über die „drei Gesichter“ der FAZ: Sie habe einen eher konservativen, staatstragenden Politikteil, ein linksliberales Feuilleton und einen liberalen Wirtschaftsteil. Die verkaufte Auflage der Zeitung lag zusammen mit der FRANKFURTER ALLGEMEINEN SONNTAGSZEITUNG im ersten Quartal 2022 bei rund 411.000 Exemplaren. Laut der Arbeitsgemeinschaft Online-Forschung (AGOF) hatte der Webauftritt der FAZ, FAZ.NET, im August 2021 rund 16 Millionen Besucher:innen zu verzeichnen.

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„Landtagswahl in NRW: Die Stunde der Grünen“

Frankfurter Rundschau, 16.05.2022 - Thomas Kaspar

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Die Perspektive in 30 Sekunden

Trotz der deutlichen Mehrheit für Schwarz-Grün ringt ein Bündnis von CDU und Grünen dem Journalisten Thomas Kaspar allenfalls ein Kopfschütteln ab. In seinem Leitartikel in der Tageszeitung FRANKFURTER RUNDSCHAU (FR) zeigt er sich überzeugt: „Den Willen der Menschen an den Wahlurnen würde diese Regierung nicht abbilden“ – denn den vermeintlichen Wahlsieg der Christdemokraten hält Kaspar für ein verzerrtes Bild.  

Nach seiner Beobachtung hat Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) im Wahlkampf vor Konturlosigkeit gestrotzt. Diese zeichne sich nur deshalb nicht im Wahlergebnis ab, weil die Christdemokraten von Stimmen des bisherigen Koalitionspartners profitierten: „Wenn die CDU nun zugewinnt, liegt das weniger an Wüst als Person als an der FDP-Wählerschaft, die in Massen ihrer Partei den Rücken gekehrt hat“, betont Kaspar. Den eigentlichen Auftrag zur Regierungsbildung habe die Partei der Grünen erhalten. Um die Energiewende voranzutreiben und eine Klimawirtschaft zu gestalten, sei die CDU aber der falsche Partner: „Wenn dies sozial verträglich erfolgen soll, braucht es dafür eine sozialdemokratische Ausrichtung“, plädiert Kaspar.

Bedauerlicherweise habe es auch der SPD-Herausforderer Thomas Kutschaty im Wahlkampf zu keinem Zeitpunkt geschafft, seiner Wählerschaft zu erklären, warum er mehr Stimmen brauche als Wüst. Mit Erinnerungen an vorherige SPD-Regierungen – etwa an die „herzerobernde Hannelore Kraft“ oder an „Staatsmänner wie Johannes Rau“ – könne der heutige Spitzenkandidat also beim besten Willen nicht mithalten: „Es fällt schwer, sich den blassen Kutschaty in dieser Reihe vorzustellen“, gesteht Kaspar ein.

Anmerkungen der Redaktion

Thomas Kaspar ist Journalist, Chefredakteur der FRANKFURTER RUNDSCHAU (FR) und Produktchef der Internetplattform von Ippen Digital, dem Medienunternehmen, zu dem auch die FR gehört. Der studierte Soziologe hat sich auf Themen rund um den digitalen Wandel spezialisiert und hat unter anderem für die Computerzeitschrift CHIP und verschiedene Medien des Unternehmens Hubert Burda Media gearbeitet. Zuvor war Kaspar unter anderem für den BAYERISCHEN RUNDFUNK und die PASSAUER NEUE PRESSE tätig; beim DONAUKURIER ist er Online-Chef gewesen, bevor er zu Burda Media gewechselt ist.

Die FRANKFURTER RUNDSCHAU (FR) ist eine Tageszeitung mit Sitz in Frankfurt am Main. Sie erschien erstmals 1945 und sollte ein linksliberales Gegenmodell zur eher konservativ ausgerichteten Frankfurter Konkurrenz (FAZ, FNP) darstellen. Durch die Medienkrise brach das sonst auflagenstarke Blatt ab 2001 ein und musste 2012 Insolvenz anmelden. Das Goethe-Institut bemerkte 2011, das einstige „Leitmedium der linken Intellektuellen“ sei redaktionell „bis zur Bedeutungslosigkeit ausgedünnt“. Nach mehreren Übernahmen und Verkäufen in den letzten zwanzig Jahren gehört sie seit 2018 zur Ippen-Verlagsgruppe, einem der größten Medienkonzerne in Deutschland. Der Ippen-Konzern stand 2021 in der Kritik, weil Verlagschef Dirk Ippen eine kritische Berichterstattung seines verlagseigenen Investigativ-Teams über den umstrittenen Ex-BILD-Chefredakteur Julian Reichelt verboten hat. Die verkaufte Auflage der FRANKFURTER RUNDSCHAU wird nur zusammen mit anderen Publikationen des Ippen-Konzerns im Raum Hessen ausgegeben: Die verkaufte Auflage dieser insgesamt sechs Publikationen lag im ersten Quartal 2022 bei rund 149.000 Exemplaren.

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„Stellt Wahlurnen in die Fußgängerzonen“

Die Zeit, 17.05.2022 - Lenz Jacobsen

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Die Perspektive in 30 Sekunden

„Die Demokratie hat ein dramatisches Beteiligungsproblem“, kommentiert der Politikredakteur Lenz Jacobsen die historisch niedrige Wahlbeteiligung in NRW. Umso wichtiger sei es, der Verdrossenheit etwas entgegenzusetzen: „Denn wenn die Hälfte gar nicht mehr mitmacht, vertreten die Volksvertreterinnen und -vertreter dann überhaupt noch das ganze Volk?“, gibt der Autor in der Wochenzeitung DIE ZEIT zu bedenken.

Zwar hänge die Wahlbeteiligung wissenschaftlichen Erkenntnissen zufolge vor allem von der Bindungskraft der Parteien ab. Doch gleichzeitig zeige die POLLYTIX-Umfrage, dass 20 Prozent der Nichtwähler:innen bei der vergangenen Bundestagswahl auf ihr Wahlrecht verzichteten, weil sie es „zeitlich nicht geschafft“ haben. Gerade diese Gruppe gelte es zurückzugewinnen – indem man ihnen das Wählen einfacher macht.

Jacobsen hält es etwa für überfällig, Wahllokale länger zu öffnen. Auch könne die Wahlkabine in Fußgängerzonen, an Bahnhöfen und auf Marktplätzen stehen. „Warum sollen die Wahlen nicht dorthin gehen, wo die Menschen sind?“, fragt er. So sei es etwa in der Schweiz möglich, Wahlscheine am Hauptbahnhof einzuwerfen. Auch Briefwahlunterlagen bekomme die Bevölkerung dort automatisch zugeschickt.

Jacobsen betrachtet die geringe Wahlbeteiligung in NRW als Warnsignal: Denn wer nicht wähle, der fühle sich von Parlamenten und Regierungen auch nicht repräsentiert. „Auf Dauer höhlt eine Wahlbeteiligung auf NRW-Niveau die Legitimität der Demokratie aus“, warnt der Autor. Um dem entgegenzusteuern, müsse Deutschland „den Akt des Wählens demokratisieren“ – und Wahlurnen so zugänglich wie möglich machen.

Anmerkungen der Redaktion

Lenz Jacobsen ist Journalist, studierter Ökonom, Soziologe und Politikwissenschaftler. Seit 2012 ist er bei ZEIT ONLINE und hat dort von 2017 bis 2019 das Ressort Politik, Wirtschaft und Gesellschaft geleitet. Seit 2019 ist er zuständig für das Themenfeld Demokratie. 2016 gewann er im Team mit anderen ZEIT-Autor:innen den Reporterpreis in der Kategorie Datenjournalismus, 2021 gewann er den Medienpreis „vielfältige Demokratie“, der von der Allianz Vielfältige Demokratie „zur Anerkennung und Förderung beispielgebender Information und Berichterstattung mit dem Schwerpunkt Bürgerbeteiligung und politischer Teilhabe“ vergeben wird.

DIE ZEIT ist die größte deutsche Wochenzeitung und hat ihren Sitz in Hamburg. DIE ZEIT erscheint seit 1946 und wurde von ihren ersten beiden Chefredakteuren Ernst Samhaber und Richard Küngel zunächst als rechts-konservatives Blatt ausgelegt. Erst in den 1960er Jahren wurde die Wochenzeitung durch Marion Gräfin Dönhoff und den langjährigen Chefredakteur Theo Sommer als liberales Medium ausgerichtet. Dönhoff prägte DIE ZEIT bis 2002 und hat sie von 1968 bis 1972 herausgegeben, ab 1983 gemeinsam mit Altkanzler Helmut Schmidt (SPD). In gesellschaftspolitischen Fragen gilt DIE ZEIT als grundsätzlich (links-)liberal, hat allerdings auch viele Gastbeiträge aus dem gesamten Meinungsspektrum oder stellt Beiträge mit gegensätzlichen Meinungen gegenüber. Der NDR urteilt, DIE ZEIT gelte als „Blatt der Akademiker und Intellektuellen“ — und sei damit durchaus erfolgreich. Tatsächlich gehört DIE ZEIT zu den wenigen deutschsprachigen Printmedien, die seit der Digitalisierung an Auflage gewonnen haben. Zuletzt lag diese bei knapp 611.000 Exemplaren (1. Quartal 2022).

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„Schwarz-Grün in NRW? Das sind die Knackpunkte“

WDR, 16.05.2022 - WDR-Redaktion

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Die Perspektive in 30 Sekunden

Damit ein Bündnis zwischen CDU und Grünen gelingen kann, müssen sowohl Hendrik Wüst (CDU) als auch Mona Neubaur (Grüne) Kompromisse eingehen. Nach einer Analyse der Redaktion des WESTDEUTSCHEN RUNDFUNKS (WDR) könnten vor allem diese vier Themen sich als Zankapfel entpuppen:

1. Klima / Energie

Während die CDU beim Ausbau der Windkraft bislang an der 1.000-Meter-Abstandsregelung festhält, sehen die Grünen hier laut der Autor:innen ein „enormes Potenzial brachliegen“. Um die erneuerbaren Energien voranzutreiben, möchten die Grünen die Abstandsregel am liebsten abschaffen.

2. Innere Sicherheit

Bodycams, Elektroschocker, Videoüberwachung: Der von Innenminister Herbert Reul (CDU) eingeschlagene Kurs in der NRW-Sicherheitspolitik dürfte nach Einschätzung der WDR-Redaktion zu harten Verhandlungen mit den Grünen führen – denn diese lehnen einige dieser Instrumente strikt ab.

3. Wohnungsbau

In der Diskussion um knappen Wohnraum möchte die CDU das Angebot günstiger Wohnungen vor allem weiter ausbauen. Das sei den Grünen nicht genug, prognostiziert die WDR-Redaktion. Mona Neubaur (Grüne) setze etwa auf die Mietpreisbremse und plane zudem, die Umwandlung in Eigentumswohnungen zu begrenzen.

4. Mobilität / Verkehr

Nach der Prognose der WDR-Redaktion könnte auch das Thema Mobilität in den Sondierungsgesprächen zur Hürde werden. Während die Grünen nämlich intensiv in den ÖPNV, Fuß- und Radverkehr investieren möchten, gehe die CDU den Ausbau „mit Blick auf ihre Wählerschichten“ im Vergleich etwas zögerlicher an.

Anmerkungen der Redaktion

Der WESTDEUTSCHE RUNDFUNK (WDR) ist die größte der neun Landesrundfunkanstalten der ARD. Er entstand 1956, als sich der NWDR in den NDR und den WDR aufteilte. Die Sendeanstalt hat sechs Radioprogramme und einen Fernsehsender, zu dessen bekanntesten Programmen unter anderem das Politmagazin „Monitor“, die „Sportschau“ oder das Kinderangebot „Die Sendung mit der Maus“ gehören. Laut eigenen Angaben ist der Sender nach Anzahl der Beschäftigten das zweitgrößte Medienunternehmen Europas hinter der BBC. Laut der „Media-Analyse 2021“ erreicht der Fernsehsender des WDR in Deutschland täglich rund 8 Millionen Zuschauer:innen, der Radiosender erreicht rund 11 Millionen Zuhörer:innen. Der Webauftritt des WDR hatte im April 2022 laut Similarweb rund 13,8 Millionen Besuche zu verzeichnen.