Fachkräftemangel: Ist die Vier-Tage-Woche für NRW eine Option?

07.04.2023 - Themenbereiche: Gesellschaft, Nordrhein-Westfalen, Wirtschaft
Bild einer Uhr auf einem Schreibtisch mit Arbeitsmaterial

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Kurzfassung

Einen Tag weniger arbeiten bei gleichem Lohn – was sich zunächst nach Utopie anhört, könnte demnächst auch in NRW Schule machen. So sorgte eine im Februar veröffentlichte Studie aus Großbritannien für Furore: 61 Firmen ließen ihre Angestellten ein halbes Jahr lang bei vollem Lohn nur vier Tage pro Woche arbeiten. 56 der 61 Firmen wollen das Modell nun beibehalten: Denn die Ergebnisse waren vielversprechend.

Weniger Krankheitstage und höhere Produktivität

Die Krankheitstage gingen um 65 Prozent zurück, die Zahl der Kündigungen fiel um 57 Prozent. Rund vier von zehn Beschäftigten gaben an, sich weniger gestresst zu fühlen als vor Beginn des Versuchs – all das, während der Umsatz der Unternehmen um 1,4 Prozent stieg. Und nicht nur in Großbritannien scheint die Vier-Tage-Woche Anklang zu finden: In Portugal und Spanien werden Unternehmen bereits vom Staat dabei unterstützt, eine Vier-Tage-Woche einzuführen – in Belgien gibt es sogar einen gesetzlichen Anspruch auf die Vier-Tage-Woche.

Zunehmend werden auch Stimmen in NRW lauter, die die flächendeckende Einführung einer Vier-Tage-Woche fordern. So forderte der IG Metall Chef für NRW, Knut Giesler, diese Woche im Interview mit der WAZ die Vier-Tage-Woche für alle Metallbetriebe: „Wir wollen eine echte Entlastung für die Beschäftigten erreichen, ohne dass sie deshalb weniger verdienen“, so Giesler in der WAZ. Der Gewerkschaftler sieht in der Vier-Tage-Woche auch die Antwort auf den Fachkräftemangel: Ein verlängertes Wochenende könne viele Arbeitsplätze wieder attraktiver machen, lautet die Hoffnung.

Aber nicht alle sind von der Idee überzeugt. Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels könnte die Vier-Tage-Woche eine gefährliche Idee sein, fürchtet beispielsweise der Wirtschaftswissenschaftler Andrew Lee: Denn durch die Vier-Tage-Woche könnten laut Lee systemrelevante Berufe in Krankenhäusern, Pflegeheimen und Schulen an Attraktivität verlieren. Hier lasse sich die Arbeitszeit nämlich nicht einfach von fünf auf vier Tage reduzieren. Demnach könnte eine Vier-Tage-Woche in NRW beispielsweise den Lehrkräfte-Mangel und den Mangel an Pflegekräften verschärfen anstatt Abhilfe zu leisten.

Trotz der positiven Studienergebnisse: Ist die Vier-Tage-Woche für NRW damit eine gute Option?

Acht Perspektiven

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„Firma aus NRW kämpft mit 4-Tage-Woche gegen Fachkräftemangel“

Westfälischer Anzeiger, 28.02.2023 - Marvin K. Hoffmann

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Die Perspektive in 30 Sekunden

Eine Vier-Tage-Woche könne gerade für Branchen sinnvoll sein, für die es schwierig sei, Fachkräfte anzuwerben, erläutert Redakteur Marvin K. Hoffmann. Für den WESTFÄLISCHEN ANZEIGER hat er die beiden Unternehmer aus Nordrhein-Westfalen Florian und Julian Brzoska begleitet.

Die beiden führen in Ahlen zwischen Hamm und Münster eine Photovoltaik-, Elektrotechnik- und Dachdecker-Firma. In dieser Branche sei es wie für viele Handwerksbetriebe generell schwierig, Personal zu finden. Doch die Brzoskas haben laut Journalist Hoffmann einen großen Trumpf in der Hand: „Eine 4-Tage-Woche, die ziemlich viele Vorteile bietet.“

Die Mitarbeiter:innen seien durch die Vier-Tage-Woche viel motivierter, geben Florian und Julian Brzoska zu Protokoll. Gleichzeitig könne das Unternehmen durch die besseren Arbeitsbedingungen einfacher an neue Mitarbeiter:innen kommen – auch wenn es nur wenige Arbeitskräfte am Stellenmarkt gebe. Denn die Vier-Tage-Woche locke Bewerber:innen an.

Anmerkungen der Redaktion

Marvin K. Hoffmann ist ein Sportjournalist aus Dortmund. Er schreibt vorwiegend für den WESTFÄLISCHEN ANZEIGER. Bis Ende 2022 war er für die RUHR NACHRICHTEN tätig. Hoffmann hat Journalistik an der TU Dortmund studiert und schreibt hauptsächlich über Fußball. Er selbst ist Handballer.

Der WESTFÄLISCHE ANZEIGER (WA) ist eine in Hamm erscheinende Tageszeitung. Sie bildet den überregionalen Mantel für andere Zeitungen der Ippen-Gruppe in Westfalen (Arbeitsgemeinschaft westfälischer Tageszeitungen). Die verkaufte Auflage lag – zusammen mit den Kopfblättern SOESTER ANZEIGER, LÜDENSCHEIDER NACHRICHTEN und DER PATRIOT – im vierten Quartal 2022 bei 99.000 Stück. In seiner Stadtausgabe Hamm kam der WA in demselben Quartal auf rund 25.000 Exemplare.

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„Vier-Tage-Woche führt zu mehr Produktivität und Motivation“

MDR, 10.03.2023 - Philipp Frey, Nikta Vahid-Moghtada

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Die Perspektive in 30 Sekunden

Für den Arbeitsmarktforscher Philipp Frey steht fest: Es spricht wenig bis nichts gegen die Vier-Tage-Woche – viel aber dafür. Denn die Vier-Tage-Woche könne die Produktivität in Unternehmen enorm steigern. „Die Beschäftigten haben mehr Zeit für Erholung, sind deswegen auch seltener krank“, gibt Frey im Interview mit Nikta Vahid-Moghtada vom MDR zu bedenken. Auch gebe es weniger Kündigungen – eine wichtige Antwort auf den Fachkräftemangel.

„Wir beobachten, dass die Unternehmen, die eine Vier-Tage-Woche einführen, in der Regel ihren Umsatz halten beziehungsweise im Schnitt sogar leicht steigern können. Und das bedeutet, dass die Produktivität massiv gestiegen sein muss“, argumentiert Frey. Das liege einerseits daran, dass die Arbeitnehmer:innen nach dem verlängerten Wochenende erholter und motivierter in die verkürzte Arbeitswoche starten können.

Andererseits liege es auch daran, dass Firmen durch die Vier-Tage-Woche lernen, „schlauer zu arbeiten“, stellt Frey klar. Häufig werden laut dem Forscher am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) Betriebsabläufe für die Vier-Tage-Woche verbessert: Unproduktive lange Meetings werden abgeschafft, ungestörte Arbeitszeiten eingerichtet, in denen weder Mails noch Telefonate beantwortet werden müssen. So biete die Vier-Tage-Woche eine Chance für Unternehmen wie für Arbeitnehmer:innen gleichermaßen.

Anmerkungen der Redaktion

Philipp Frey ist ein deutscher Wissenschaftler und beschäftigt sich in mehreren Organisationen mit dem gesellschaftlichen Wandel und der Digitalisierung. Für den britischen Thinktank „Autonomy“ geht er als Forschungsmitarbeiter der Frage nach, wie die Zukunft der Arbeit aussehen könnte. Darüber hinaus ist Frey geschäftsführender Vorstand des Zentrums für Emanzipatorische Technikforschung (ZET), ein Zusammenschluss von Wissenschaftler:innen, der sich für eine soziale und ökologische Techniknutzung einsetzt. Außerdem ist Frey als Doktorand beim Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse (ITAS) Mitglied der Forschungsgruppe „Digitale Technologien und gesellschaftlicher Wandel“.

Nikta Vahid-Moghtada ist freie Autorin, Nachrichtenjournalistin und Redakteurin bei MDR Aktuell. Sie beschäftigt sich vorwiegend mit politischen und sozialen Themen. In Würzburg hat sie Europäische Ethnologie, Germanistik und Romanistik studiert. Während ihres Studiums hat sie bereits als freie Kulturjournalistin gearbeitet und später für die MITTELDEUTSCHE ZEITUNG volontiert. Für den MDR ist Vahid-Moghtada seit 2017 tätig.

Der MITTELDEUTSCHE RUNDFUNK (MDR) ist die Landesrundfunkanstalt für das Land Sachsen-Anhalt sowie für die Freistaaten Sachsen und Thüringen. 1991 wurde der MDR gegründet und startete 1993 auch im Fernsehen. Der MDR ist Teil der öffentlich-rechtlichen Sender und Mitglied der ARD. Er wird hauptsächlich über die Rundfunkgebühren finanziert. Durch den Rundfunkstaatsvertrag ist die Unabhängigkeit und Überparteilichkeit festgeschrieben. Zu den Radiosendern gehören MDR Sachsen, MDR Sachsen-Anhalt, MDR Thüringen, MDR Jump, Sputnik, MDR Tweens, MDR Kultur, MDR Aktuell und MDR Klassik. Seine Auslandskorrespondent:innen hat der MDR in Brüssel, Washington, Paris, Zürich, Prag, Neu-Delhi und Shanghai. Intendantin ist seit 2011 die Juristin Karola Wille. Der MDR betreibt außerdem das Portal MDR360G, das einen umfassenden Blick über die Medienwelt ermöglichen soll, indem es Analysen, Texte und Videos zu Medien und ihrer Funktionsweise veröffentlicht.

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„Freiheit lässt sich nicht in Prozenten messen“

Wirtschaftswoche, 22.02.2023 - Konrad Fischer

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Die Perspektive in 30 Sekunden

Für Konrad Fischer von der WIRTSCHAFTSWOCHE zeigt sich an der unlängst in Großbritannien durchgeführten Studie: Der größte Wunsch vieler Angestellter sei in beinahe allen Berufsfeldern mehr Freiheit am Arbeitsplatz. Gerade für jüngere Generationen sei die Arbeit weniger wichtig als ein erfüllendes Leben außerhalb der Arbeit. Auf diese Forderungen sollten die Arbeitgeber seiner Meinung nach eingehen.

Denn die Arbeit selbst biete für viele Arbeitnehmer:innen nicht mehr den eigentlichen Lebenssinn. Sie sei für viele Menschen mittlerweile lediglich ein Mittel, um das eigene Leben bestreiten zu können. „Also sollte sie diese Funktion auch bestmöglich erfüllen, anstatt das ganze Leben zu füllen“, so Fischer.

Unabhängig davon, ob Arbeitgeber:innen die Auffassung teilten, sei es seiner Meinung nach klug darauf einzugehen. Denn die Machtposition vieler Angestellter sei aktuell so stark, dass sie, individuell oder auf Betriebsebene vereint, ohnehin auf mehr Freiheit am Arbeitsplatz drängen können. Und dann heißt es laut Fischer in vielen Berufsfeldern nicht: „Wir wollen 13 statt 11 Prozent mehr Lohn. Sondern: Wir wollen mittwochs freihaben, im Winter aus Spanien arbeiten können, ein halbes Jahr Sabbatical nehmen. Gebt uns die Freiheit, dann geben wir euch, was ihr wirklich braucht: vollen Einsatz für den Erfolg des Unternehmens.“

Anmerkungen der Redaktion

Konrad Fischer ist der Ressortleiter des Ressorts „Erfolg, Innovation & Digitales“ bei der WIRTSCHAFTSWOCHE. Er hat Politik und Volkswirtschaft in Bamberg studiert und die Holtzbrinck-Journalistenschule absolviert. Bei der WIRTSCHAFTSWOCHE ist Fischer seit 2010 angestellt: zunächst als Redakteur, seit 2019 als Ressortleiter.

Die WIRTSCHAFTSWOCHE ist eine seit 1926 bestehende überregionale Wochenzeitung mit Sitz in Düsseldorf, deren verkaufte Auflage zuletzt bei etwas über 130.000 lag (4/2022). Sie erscheint im Handelsblatt Verlag, der mit dem HANDELSBLATT eine weitere renommierte Wirtschaftszeitung herausgibt. In ihrer Ausrichtung gilt die Zeitung als wirtschaftsliberal. Die WIRTSCHAFTSWOCHE gehört zu den Pflichtblättern an den Börsen in Düsseldorf und Frankfurt und erfährt Aufmerksamkeit vor allem über ihre Berichterstattung mit Rankings, etwa zu Hochschulen oder Städten. Der Vermarkter Iq Media zeichnet die Hauptzielgruppe der WIRTSCHAFTSWOCHE als männlich, mittelständisch und überdurchschnittlich wohlhabend.

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„Vier-Tage-Woche für alle? “Das ist ein falsches Signal”“

Westfalenpost, 03.03.2023 - Britta Prasse, Thorsten Holzhäuser

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Die Perspektive in 30 Sekunden

Für den Geschäftsführer des Arbeitgeberverbandes im NRW-Kreis Olpe, Thorsten Holzhäuser,  ist die Vier-Tage-Woche keine gute Option für NRW. „Das kann nicht funktionieren“, stellt er sich im Interview mit Britta Prasse von der WESTFALENPOST klar gegen die Einführung der Vier-Tage-Woche.

Denn einige Industrien, wie die in NRW ansässige Metall- und Elektroindustrie, seien prozess- und produktionsabhängig. Hier könne die Arbeitszeit nicht einfach auf vier Tage pro Woche reduziert werden, ohne einen Produktionsverlust hinzunehmen. „Eine Reduzierung von fünf auf vier Arbeitstage, also um 20 Prozent, würde einen Nachteil im internationalen Wettbewerb bedeuten“, fasst Journalistin Prasse zusammen. Dabei leide die Industrie sowieso schon unter den „explodierenden Energiekosten“.

Die britische Studie zur Einführung der Vier-Tage-Woche betrachtet Arbeitgebervertreter Holzhäuser unterdessen kritisch: „Ich glaube nicht, dass eine höhere Produktivität und ein geringerer Krankenstand eine 20-prozentige Reduzierung der Betriebszeit ausgleichen können“, stellt er der Studie seine Erfahrungen in der Wirtschaft gegenüber. Eine flächendeckende Einführung der Vier-Tage-Woche in NRW hält Holzhäuser daher für unrealistisch.

Anmerkungen der Redaktion

Thorsten Holzhäuser ist der Geschäftsführer des Arbeitgeberverbandes Olpe in Nordrhein-Westfalen. Als solcher vertritt er vornehmlich die Interessen der Unternehmer:innen im Kreis Olpe. Zuvor ist er für den Arbeitgeberverband Lüdenscheid tätig gewesen, Holzhäuser hat zudem für das Arbeitsmedizinische Zentrum Lüdenscheid e.V gearbeitet.

Britta Prasse ist Redakteurin bei der Funke-Mediengruppe, die unter anderem die WESTDEUTSCHE ALLGEMEINE ZEITUNG (WAZ) und die WESTFALENPOST herausgibt. Sie hat in Essen im Bachelor Germanistik und Anglistik und im Master Journalismus studiert. Während ihres Studiums war sie bereits als freie Journalistin für die RHEINISCHE POST tätig. Nach ihrem Studium hat sie ein Volontariat bei der Funke-Mediengruppe begonnen, für die sie seither tätig ist. Seit 2020 ist sie zuständig für den Kreis Olpe.

Die WESTFALENPOST ist eine südwestfälische regionale Tageszeitung, die von einer Zentralredaktion in Hagen bespielt wird. Herausgegeben wird die Zeitung von der Westfalenpost GmbH & Co Verlags-KG, die der Funke-Mediengruppe gehört. Die Funke-Mediengruppe ist ein Medienkonzern mit Sitz in Essen, der verschiedene Zeitungen und Zeitschriften herausgibt, größtenteils im Ruhrgebiet. Chefredakteur der WESTFALENPOST ist Jost Lübben, der zugleich auch Chefredakteur der WESTFÄLISCHEN RUNDSCHAU ist. Lübben ist außerdem Teil der Jury des Deutschen Journalistenpreises. Die Auflage der WESTFALENPOST wird nur gemeinsam mit anderen Publikationen der Funke-Mediengruppe wie beispielsweise der WAZ oder der NEUEN RUHR ZEITUNG veröffentlicht. Die verkaufte Auflage der Funke-Publikationen lag im 4. Quartal 2021 bei rund 410.000 Exemplaren.

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„Nicht unter jeder Bedingung“

Die Tageszeitung (TAZ), 01.03.2023 - Norbert Reuter

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Die Perspektive in 30 Sekunden

„Ein für alle gleichermaßen ‚perfektes‘ Arbeitszeitmodell kann es nicht geben“, stellt der Leiter der Tarifpolitischen Grundsatzabteilung bei der Gewerkschaft ver.di, Norbert Reuter, klar. In der TAGESZEITUNG (TAZ) stellt er sich daher gegen eine Vier-Tage-Woche. Denn die ist seiner Meinung nach nicht nur unrealistisch, sondern auch unsozial.

Rechtlich gebe es in Deutschland nämlich die Auflage, dass Menschen nur rund acht Stunden am Tag arbeiten dürfen. Reduziert man die Fünf-Tage-Woche auf die Vier-Tage-Woche, werde damit die wöchentliche Arbeitszeit von 40 auf 32 Stunden reduziert. Den resultierenden Lohnverlust können sich laut dem Gewerkschaftsvertreter viele Menschen allerdings nicht leisten.

Gleichzeitig können es sich viele Unternehmen Reuter zufolge nicht leisten, bei weniger Arbeit denselben Lohn zu zahlen. Gerade in der Pflege, Schule, oder Kita könne man nicht einfach acht Stunden pro Woche auf das Personal verzichten. Die Kinder sind nun einmal zu festen Zeiten in der Schule oder Kita. Beschäftigte, die weniger zur Arbeit kommen, können in diesen Berufen die verlorene Arbeitszeit nicht einfach durch mehr Produktivität ausgleichen, stellt Reuter klar. Das sorge auch für ein gesellschaftliches Problem: Denn die Gesellschaft sei angewiesen auf funktionierende Schulen, Pflegeheime und Kitas.

Anmerkungen der Redaktion

Norbert Reuter ist seit 2002 als Gewerkschafter bei der Gewerkschaft ver.di tätig. Er beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit Wachstum, Strukturwandel, Verteilung und demografischer Entwicklung. Er hat Volkswirtschaftslehre und Politische Wissenschaft an der RWTH Aachen studiert und in Aachen auch promoviert. Später habilitierte er sich an der RWTH Aachen zum Thema Wachstumsgrundlagen in Industriegesellschaften. Er ist als Privatdozent weiterhin an der Uni Aachen tätig.

Die TAGESZEITUNG (TAZ) ist eine überregionale deutsche Tageszeitung. Sie wurde 1978 als alternative, selbstverwaltete Zeitung – unter anderem vom Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele – gegründet. Die Zeitung hat sich besonders in ihrer Anfangszeit an Linke, Studierende, Grüne und die Hausbesetzer-Bewegung gerichtet. Erklärtes Ziel der TAZ ist es seither, eine Gegenöffentlichkeit zu schaffen. Sie gehört heute zu den zehn größten überregionalen Tageszeitungen in Deutschland, mit einer verkauften Auflage von rund 47.000 Exemplaren (4/2022). Nach eigenen Angaben verzeichnet die Webseite TAZ.DE bis zu 12 Millionen Zugriffe monatlich (12/2022). Das Goethe-Institut verortet die TAZ als „grün-linkes“ Blatt und betont besonders die oft sehr kritische Berichterstattung der Zeitung. Eurotopics sieht die TAZ als linkes Medium und stellt die gestaffelte Preisgestaltung und die Entscheidung gegen Online-Bezahlschranken als Besonderheiten der Zeitung heraus. Die TAZ wird genossenschaftlich herausgegeben, jährlich findet eine Generalversammlung statt, an der jedes der zuletzt (2022) rund 22.000 Mitglieder teilnehmen kann.

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„Weniger arbeiten? Die Nachteile überwiegen“

Der Standard, 05.03.2023 - Monika Köppl-Turyna

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Die Perspektive in 30 Sekunden

Für die Wirtschaftswissenschaftlerin und Direktorin des österreichischen arbeitgebernahen Forschungsinstituts Eco Austria, Monika Köppl-Turyna, ist klar: Eine Vier-Tage-Woche ist in vielen Branchen nicht umsetzbar. Daher lässt sie kein gutes Haar an der unlängst veröffentlichten britischen Studie, die die Einführung einer Vier-Tage-Woche stützen soll: Diese habe vor allem Unternehmen aus der Kreativbranche oder Wissensarbeit untersucht, in denen eine Vier-Tage-Woche Köppl-Turyna zufolge leichter umsetzbar wäre, erläutert sie in ihrem Gastbeitrag für die österreichische Tageszeitung DER STANDARD.

Es haben (…) nur sehr wenige Unternehmen aus dem produzierenden Bereich teilgenommen, wo eine Produktivitätssteigerung nicht so wahrscheinlich ist wie etwa in der Wissensarbeit“, erklärt die Wirtschaftswissenschaftlerin. Das sei auf Effekte der Selbstselektion bei der Studie zurückzuführen. So haben Köppl-Turyna zufolge vor allem Unternehmen an der Studie teilgenommen, die sich sowieso schon positive Effekte von der Einführung einer Vier-Tage-Woche erhofft haben. Die Unternehmen seien nicht zufällig ausgewählt worden. Und sie seien darüber hinaus vor dem Pilotversuch gecoacht worden, was die Wahrscheinlichkeit positiver Ergebnisse erhöhe. Die Ergebnisse der Studien seien daher kritisch zu betrachten.

Für eine Einführung der Vier-Tage-Woche sieht sie eher negative Konsequenzen voraus: Eine Vier-Tage-Woche könne „ähnlich wie in der Homeoffice-Frage während der Lockdowns zu Spannungen innerhalb der Unternehmen oder zwischen den Berufen führen“, prognostiziert die Wirtschaftswissenschaftlerin.

Anmerkungen der Redaktion

Monika Köppl-Turyna ist eine polnische Wirtschaftswissenschaftlerin. Sie arbeitet als Direktorin des Wirtschaftsforschungsinstituts Eco Austria, das wirtschafts- und sozialpolitische Maßnahmen untersucht, um als Ratgeber für Wirtschaft und Politik zu agieren. Monika Köppl-Turyna hat in Warschau Wirtschaftswissenschaften im Bachelor und in Warschau und Wien Wirtschaftswissenschaften im Master studiert. In Wien hat sie danach promoviert und 2020 in Linz habilitiert. Im Ökonomen-Ranking von 2021, das von der PRESSE, der FAZ und der NZZ herausgegeben wurde, hat sie Rang 5 der einflussreichsten Ökonom:innen in Österreich belegt.

DER STANDARD ist eine österreichische Tageszeitung mit Sitz in Wien. Die Zeitung wurde 1988 nach dem Vorbild der NEW YORK TIMES gegründet und erhielt 1994 den ersten Onlineauftritt aller deutschsprachigen Zeitungen. DER STANDARD gilt im Vergleich zu anderen österreichischen Blättern als linksliberale Zeitung. Gründer Oscar Bronner sagte der TAZ: „Ich war politisch immer ein Liberaler, aber eher links der Mitte sozialisiert.“ EUROTOPICS beschreibt die Zeitung als linksliberales Qualitätsmedium, das insbesondere in der Einbindung seiner Nutzer:innen eine Vorreiterrolle einnehme. Der STANDARD hatte im zweiten Halbjahr 2022 eine verkaufte Auflage von ungefähr 53.000 Exemplaren.

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„Forscher sehen beim Fachkräftemangel schwarz für eine Stadt in NRW“

RUHR 24, 19.12.2022 - Julia Bremken

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Die Perspektive in 30 Sekunden

„Der Fachkräftemangel wird ein immer größeres Problem für Unternehmen in NRW“, stellt RUHR24-Redakteurin Julia Bremken in Aussicht. Dahinter stecke ein demographisches Problem. Der geburtenstarke „Babyboomer“-Jahrgang werde in den nächsten 10 Jahren in Rente gehen – während immer weniger Menschen im erwerbsfähigen Alter nachrücken.

Essen sei dabei die Stadt, die es in NRW am härtesten treffen werde. „Fast ein Drittel der Stellen bleibt hier frei, wenn die älteren Generationen in Rente gehen. Es fehlt an jungen Leuten, um die Fachkräfte der geburtenstarken 1960er-Jahrgänge auszugleichen. Auf rund 83.000 ‚Babyboomer‘ kommen nur rund 58.000 junge Nachrücker“, erklärt Bremken.

Am wenigsten sei in NRW die Stadt Köln betroffen. Hier wird es nach derzeitigen Stand laut der RUHR24-Redakteurin nur in rund 18 Prozent der Fälle an Nachwuchs in den Unternehmen fehlen. Im Deutschlandvergleich stehe das Ruhrgebiet insgesamt trotzdem eher schlecht dar, resümiert Bremken schlussendlich: „Denn die ehemalige Industrieregion kämpft nach wie vor mit dem Strukturwandel.“

Anmerkungen der Redaktion

Julia Bremken arbeitet als Werkstudentin für die RUHR-24-Redaktion. Sie studiert in Gelsenkirchen Journalismus und Public Relations. Zuvor hat sie ein Praktikum beim privaten Radiosender STUDIO 47 absolviert.

RUHR24.DE ist eine Online-Publikation, auf der schwerpunktmäßig Nachrichten aus Nordrhein-Westfalen und Dortmund veröffentlicht werden. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Sportberichterstattung über Schalke 04, Borussia Dortmund und den VfL Bochum. RUHR24.DE wird vom Medien-Startup RUHR24 verwaltet, das neben RUHR24.DE auch mehrere Sport-Apps und eine Job-Plattform betreibt. RUHR24 ist ein Tochterunternehmen der Verlage Lensing Media und Rubens. Lensing Media zählt zu den größten Verlagshäusern in Nordrhein-Westfalen und verlegt unter anderem die RUHR NACHRICHTEN und die WESTFÄLISCHEN NACHRICHTEN. Laut Similarweb hatte RUHR24.DE im Januar 2023 rund 6,5 Millionen Aufrufe zu verzeichnen.

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„Wöchentliche Arbeitszeit in der EU“

Destatis, 26.01.2023 -

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Die Perspektive in 30 Sekunden

Das Statistische Bundesamt hat sich auf DESTATIS einmal näher angesehen, wie die deutsche Arbeitszeit im europäischen Vergleich abschneidet. Insgesamt arbeiteten laut dem Bundesamt Vollzeiterwerbstätige in der EU im Jahr 2021 rund 40,5 Stunden pro Woche. Zusammen mit 21,4 Stunden bei den Teilzeiterwerbstätigen komme man damit insgesamt auf einen Gesamtdurchschnitt von 37,6 Stunden.

Hier liege Deutschland mit einer durchschnittlichen Arbeitszeit von 34,8 Stunden unter dem EU-Durchschnitt. Deutschland gehöre demnach zu den Ländern, in denen im Durchschnitt weniger gearbeitet werde als in den meisten anderen Ländern in der EU. Besonders viel gearbeitet werde in Griechenlandmit rund 41,3 Wochenstunden an abgeleisteter Arbeit.

Dabei lassen sich laut dem STATISTISCHEN BUNDESAMT zwei gegenläufige Trends beobachten. Während die Arbeitszeit der in Vollzeit Arbeitenden im Vergleich zum Jahr 2011 abgenommen habe, sei die Arbeitszeit der Teilzeitarbeitenden angestiegen. So arbeiteten 2011 Vollzeitarbeitende noch 41,4 Stunden pro Woche, gegenüber 40,5 Wochenstunden im Jahr 2021. „Die durchschnittliche Arbeitszeit der Teilzeiterwerbstätigen stieg hingegen im gleichen Zeitraum von 20,2 Stunden auf 21,4 Stunden.“ Insgesamt sei darüber hinaus ein Trend zur Teilzeit zu beobachten: So stieg die Teilzeitquote von 2011 bis 2021 um 0,3 Prozent an.

Anmerkungen der Redaktion

DESTATIS (Deutsches Statistik-Informationssystem) ist die Website des Statistischen Bundesamts. Die deutsche Bundesbehörde aus dem Bundesministerium des Innern und für Heimat erhebt, sammelt und analysiert statistische Informationen nach wissenschaftlichen Standards aus den Bereichen Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt. Rund 2.520 Beschäftigte durchforsten Deutschland nach objektiven, unabhängigen und qualitativ hochwertigen Daten. Hierfür arbeitet das Statistische Bundesamt gemäß dem föderalen Staatsprinzip eng mit den 16 statistischen Landesämtern zusammen. Die gesammelten Daten werden dann in Grafiken veranschaulicht und häufig auch in einen größeren Zusammenhang eingebettet. DESTATIS liefert auch Definitionen zu wirtschaftlichen Begriffen wie dem Bruttoinlandsprodukt, Verbraucherpreisindex oder Privathaushalt. Das Statistische Bundesamt erfüllt einen gesetzlichen Auftrag, der im Bundesstatistikgesetz rechtlich festgehalten wird. Im Jahr 2020 hat das Statistische Bundesamt bei einem Haushalt von 407 Millionen Euro 437 Millionen Euro ausgegeben und wies somit ein Haushaltsdefizit von 37 Millionen Euro auf.