Ist das 49-Euro-Ticket eine gute Idee?

28.10.2022 - Themenbereiche: Nordrhein-Westfalen, Politik, Umwelt und Nachhaltigkeit

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Kurzfassung

Nach der Verkehrsministerkonferenz in Bremerhaven schien der Weg für die Nachfolge des 9-Euro-Tickets geebnet: In Übereinstimmung mit dem Bund einigten sich die Verkehrsminister:innen der Länder ab Januar 2023 auf ein bundesweit gültiges 49-Euro-Ticket – voraussichtlich im Jahresabo erhältlich und monatlich kündbar. Doch was in den Augen von NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) „ein ganz, ganz großer Erfolg“ ist, das steht finanzpolitisch auf wackeligen Füßen: Wer die Rechnung übernimmt, ist bisher unklar. Zwar verspricht der Bund das Ticket mit 1,5 Milliarden Euro zu finanzieren, fordert im Gegenzug aber die gleiche Summe von den Ländern. Letztere sehen dagegen den Bund in der Pflicht, die öffentlichen Mittel für den ÖPNV-Ausbau zu erhöhen.

„Der ÖPNV ist schon lange extrem unterfinanziert“

In NRW scheint der Streit um die Nachfolgelösung des 9-Euro-Tickets nun zu eskalieren: Deutschlands größter Verkehrsverbund, der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR), droht mit einem Boykott. Das Problem: In den Kassen der Verkehrsverbünde klafft eine immense Finanzierungslücke. Nach eigenen Angaben droht allein dem VRR im nächsten Jahr ein Defizit von rund 520 Millionen Euro. Gegenüber der RHEINISCHEN POST knüpft VRR-Vorstand Jose Luis Castrillo die Einführung des 49-Euro-Tickets an zusätzliche Mittel: „Sofern es nicht eine ausreichende Finanzierung gibt, kann ich meinen Gremien eigentlich nicht vorschlagen, ein solches Konzept abzusegnen.“

Am 2. November soll die Ministerpräsidentenkonferenz über die Zukunft des geplanten Angebots entscheiden. Eine aktuelle vom WDR in Auftrag gegebene repräsentative Studie dürfte weitere Zweifel säen: Demnach wollen zwei Drittel der Menschen in NRW das 49-Euro-Ticket nicht kaufen. Ist das 49-Euro-Ticket trotzdem eine gute Idee?

Acht Perspektiven

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„49-Euro-Ticket ist bahnbrechende Chance für Bus und Bahn“

Augsburger Allgemeine, 13.10.2022 - Michael Pohl

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Die Perspektive in 30 Sekunden

Der Politikredakteur Michael Pohl sieht in dem 49-Euro-Ticket eine „bahnbrechende Chance“ für Bus und Bahn. Der bundesweite Einheitspreis schaffe endlich ein leicht zugängliches ÖPNV-Angebot für alle Bürgerinnen und Bürger. In der Tageszeitung AUGSBURGER ALLGEMEINE appelliert Pohl: „Der Bund muss jetzt die Geldforderungen der Länder erfüllen.“

Den öffentlichen Nahverkehr attraktiver zu gestalten, hält der Politikjournalist für längst überfällig. Vor allem die komplizierte Preisstruktur ist ihm ein Dorn im Auge: „[D]er größte Verdienst des Vorschlags der Verkehrsministerkonferenz dürfte sein, den undurchdringlichen Tarifdschungel im öffentlichen Nahverkehr zu durchschlagen“, lobt Pohl.

Nach seinem Dafürhalten wurde das 9-Euro-Ticket dagegen „zum Ramschpreis verschleudert“. Das berge auch Schattenseiten: „Viele, die beruflich pendeln, litten im Sommer unter völlig überfüllten Zügen“, schreibt Pohl. In dem 49-Euro-Ticket hingegen erkennt er das richtige Maß. „Nun muss die Ampel zahlen oder sie blamiert sich“, findet er.  

Anmerkungen der Redaktion

Michael Pohl ist Journalist und Politikredakteur bei der AUGSBURGER ALLGEMEINEN. Er schreibt vor allem über Innenpolitik, Parteipolitik und gesellschaftspolitische Entwicklungen. Er hat unter anderem auch für die STUTTGARTER ZEITUNG, den SÜDKURIER und die STUTTGARTER NACHRICHTEN gearbeitet.

Die AUGSBURGER ALLGEMEINE ist eine der größten bayerischen Lokalzeitungen. Sie gehört zur Mediengruppe Pressedruck, die nach Gesamtauflage das bundesweit sechstgrößte Verlagshaus ist. Das Hauptverbreitungsgebiet der AUGSBURGER ALLGEMEINEN ist das bayerische Schwaben und die angrenzenden Teile Oberbayerns. Die verkaufte Auflage inklusive ihrer lokalen Ableger beträgt gegenwärtig rund 276.600 Exemplare (2/2022). Der Online-Auftritt der Zeitung belegte Anfang 2020 laut der Arbeitsgemeinschaft Online-Forschung (AGOF) Platz 24 der meist aufgerufenen deutschen Nachrichtenportale. Die Redaktionen und Journalist:innen der AUGSBURGER ALLGEMEINEN haben einige Journalistenpreise gewonnen, unter anderem den Theodor-Wolff-Preis und den European Newspaper Award.

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„Zu viel Gemecker“

Die Tageszeitung (TAZ), 06.09.2022 - Silke Mertins

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Die Perspektive in 30 Sekunden

Das 49-Euro-Ticket macht den ÖPNV für mehr Menschen zugänglich, glaubt Silke Mertins. Auch wenn der Sprung von 9 auf 49 Euro für viele Reisende drastisch klinge, sei mit einem Monatspreis von unter fünfzig Euro schon sehr viel gewonnen: „Man muss sich nur einmal vor Augen führen, was die Fahrscheine jetzt wieder kosten“, gibt die Leiterin des Meinungsressorts in der TAGESZEITUNG (TAZ) zu bedenken.

In jeder Großstadt etwa müsse inzwischen wieder rund 10 Euro für ein Tagesticket „hingeblättert werden“. Eine Monatskarte koste dabei nahezu überall fast das Doppelte des 49-Euro-Tickets – und zwar nur bis zur Stadtgrenze. In Mertins Augen schließt der ÖPNV ärmere Menschen mit diesen Preisen aus. Doch dem „Verkehrsmittel der gehobenen Mittelschicht“ könne das 49-Euro-Ticket entgegenwirken: „Es trägt auch zu einer Demokratisierung von Mobilität bei“, verspricht die Ressortleiterin.

Zwar sei das „wichtigste Etappenziel eines gerechten ÖPNV“ – eine 365-Euro-Jahreskarte – damit noch immer nicht erreicht. Aber: „Ein 49-Euro-Ticket kommt diesem Ziel schon sehr nah“, meint Mertins. Dass die Ampel-Koalition sich derart schnell auf diese „massive Preissenkung“ verständigen konnte, dürfte laut der Autorin auch die Grünen überraschen.

Anmerkungen der Redaktion

Silke Mertins ist eine deutsche Politikjournalistin. Die studierte Politikwissenschaftlerin und Ethnologin ist seit 2016 im Ressort Meinung als Redakteurin und Kolumnistin bei der TAGESZEITUNG (TAZ) tätig. Im Februar 2022 übernahm sie die Co-Leitung des Meinungsressorts. Außerdem schreibt Mertins seit 2014 als Berlin-Korrespondentin für die Tageszeitung NEUE ZÜRCHER ZEITUNG (NZZ). Von 2000 bis 2013 war sie in der Auslandsredaktion der FINANCIAL TIMES DEUTSCHLAND für Afrika sowie den Nahen und Mittleren Osten zuständig, davon sechs Jahre als Korrespondentin. Mertins arbeitet zusätzlich als Beraterin und Schreibcoach.

Die TAGESZEITUNG (TAZ) ist eine überregionale deutsche Tageszeitung. Sie wurde 1978 als alternative, selbstverwaltete Zeitung – unter anderem vom Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele – gegründet. Die Zeitung hat sich besonders in ihrer Anfangszeit an Linke, Studierende, Grüne und die Hausbesetzer-Bewegung gerichtet. Erklärtes Ziel der TAZ ist es seither, eine Gegenöffentlichkeit zu schaffen. Sie gehört heute zu den zehn größten überregionalen Tageszeitungen in Deutschland, mit einer verkauften Auflage von knapp 48.000 Exemplaren (2/2022). Nach eigenen Angaben verzeichnet die Webseite TAZ.DE bis zu 12 Millionen Zugriffe monatlich (9/2021). Das Goethe-Institut verortet die TAZ als „grün-linkes“ Blatt und betont besonders die oft sehr kritische Berichterstattung der Zeitung. Eurotopics sieht die TAZ als linkes Medium und stellt die gestaffelte Preisgestaltung und die Entscheidung gegen Online-Bezahlschranken als Besonderheiten der Zeitung heraus. Die TAZ wird genossenschaftlich herausgegeben, jährlich findet eine Generalversammlung statt, an der jedes der zuletzt (2022) rund 22.000 Mitglieder teilnehmen kann.

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„Nieder mit den ÖPNV-Fürstentümern!“

Wirtschaftswoche, 14.10.2022 - Christian Schlesiger

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Die Perspektive in 30 Sekunden

„Das 49-Euro-Ticket (…) wäre eine gute Gelegenheit, die völlig verkorkste Struktur im ÖPNV in Deutschland aufzubrechen“, kommentiert der Leiter des Unternehmensressorts Christian Schlesiger in der Wochenzeitung WIRTSCHAFTSWOCHE. Für Finanzierungslücken in den Büchern der Verkehrsverbünde macht er nämlich vor allem eines verantwortlich: „eine viel zu teure und ineffiziente Struktur“.

Vielstaaterei, Fürstentümer, Flickenteppich – es gibt viele Begriffe, die den ÖPNV angemessen beschreiben“, überspitzt Schlesiger. Er untermauert seine These exemplarisch mit Verweis auf den Zweckverband ÖPNV Vogtland: Mit Geldern vom Bund bringe dieser in der südlichsten Region von Sachsen „ein paar Mal am Tag“ Regionalbahnen auf die Schiene. Doch neben dem ÖPNV Vogtland gebe es vier weitere Verkehrsgesellschaften in Sachsen. „Fünf Aufgabenträger heißt: fünf Abteilungen für Marketing, Vertrieb, Controlling, Einkauf, Recht, Personal“, moniert der Ressortleiter. „Und natürlich: fünf Chefs.“ Nach Schlesiger birgt die gegenwärtige deutsche ÖPNV-Struktur demnach reichlich Potenzial, Kosten einzusparen.

Bundesweit komme Deutschland insgesamt auf 27 sogenannte „Aufgabenträger“: Diese werden von den Bundesländern ernannt und sind dazu verpflichtet, ein ausreichendes ÖPNV-Angebot sicherzustellen. Dazu gebe es eine Vielzahl unterschiedlicher Tarife. Wenn die Menschen aber „eine Deutschland-Flatrate für den Nahverkehr in der Tasche haben“, ist es endlich Zeit für eine grundlegende Reform, hofft Schlesiger. „Das 49-Euro-Ticket wäre ein guter Anlass.“

Anmerkungen der Redaktion

Christian Schlesiger ist seit 2019 Co-Leiter des Unternehmensressorts bei der Wochenzeitung WIRTSCHAFTSWOCHE. Er hat Volkswirtschaftslehre in Freiburg studiert, daraufhin ein Volontariat bei GRUNER + JAHR absolviert und schreibt seit 2006 für die WIRTSCHAFTSWOCHE. Daneben arbeitet Schlesiger auch für DIE ZEIT. Bei der WIRTSCHAFTSWOCHE schrieb er zunächst für das Ressort Management und war von 2013 bis 2018 Hauptstadtkorrespondent in Berlin. Er ist Co-Autor des Buches „Deutschland: sehr gut – Wir sind viel besser als wir denken!“

Die WIRTSCHAFTSWOCHE ist eine seit 1926 bestehende überregionale Wochenzeitung mit Sitz in Düsseldorf, deren verkaufte Auflage zuletzt bei etwas über 99.400 lag (2/2022). Sie erscheint im Handelsblatt Verlag, der mit dem HANDELSBLATT eine weitere renommierte Wirtschaftszeitung herausgibt. In ihrer Ausrichtung gilt die Zeitung als wirtschaftsliberal. Die WIRTSCHAFTSWOCHE gehört zu den Pflichtblättern an den Börsen in Düsseldorf und Frankfurt und erfährt Aufmerksamkeit vor allem über ihre Berichterstattung mit Rankings, etwa zu Hochschulen oder Städten. Der Vermarkter Iq Media zeichnet die Hauptzielgruppe der WIRTSCHAFTSWOCHE als männlich, mittelständisch und überdurchschnittlich wohlhabend.

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„Der Preis der Bahn“

Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ), 13.10.2022 - Reinhard Müller

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Die Perspektive in 30 Sekunden

Der Jurist und Journalist Reinhard Müller befürchtet, dass das 49-Euro-Ticket sich als Hemmschuh für den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs erweisen könnte. Wenn dadurch wichtige Investitionen ausgebremst werden, sei mit dem Sparpreis keineswegs etwas gewonnen: „Auch ein günstiger Preis und ein einfacher Tarif nutzen nichts, wenn Strecken und Züge fehlen“, warnt er in seinem Kommentar in der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG (FAZ).

„Gerade wenn künftig mehr Bahn gefahren werden sollte, so muss doch das gesamte Angebot stimmen“, mahnt Müller. Stattdessen aber sei es um die „einst stolze Bahn“ schlecht bestellt: „Verschleiß allerorten; besser wird es nur, wo man die deutschen Grenzen hinter sich lässt“, stellt der Jurist fest. Dem Ruf der Länder nach höheren Bundesmitteln pflichtet er vollends bei: „Sie brauchen Geld für den Ausbau des Nahverkehrs“, betont er.

Immerhin mache das 49-Euro-Ticket das Bahnfahren nicht nahezu kostenlos – denn ein ordentliches Angebot habe nun einmal seinen Preis. Und doch begünstige das geplante Sparticket auch die, die ohne Probleme einen angemessenen Preis zahlen könnten. „Wie bei anderen vermeintlichen Entlastungen und Subventionen der Ampelkoalition in diesen Zeiten stellt sich die Frage, ob zielgenau gehandelt oder mit der Gießkanne ausgeschüttet wird“, gibt Müller zu bedenken.

Anmerkungen der Redaktion

Reinhard Müller ist ein deutscher Jurist und Journalist. Seit 1998 ist er Teil der Redaktion der FRANKFURTER ALLGEMEINEN ZEITUNG (FAZ) und dort verantwortlich für rechtspolitische Themen und Innenpolitik. Seit Juli 2012 ist Müller zudem verantwortlicher Redakteur für die Rubrik „Zeitgeschehen“. Zusätzlich veröffentlicht er seit 2017 das Digital-Format „FAZ Einspruch“, das speziell Rechtsthemen aufgreift. In verschiedenen Beiträgen wendet sich Müller gegen die Eheöffnung und ein gemeinschaftliches Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare. Außerdem hält er die Einräumung der doppelten Staatsangehörigkeit für eine „Politik, der jedes Gefühl für Staat und Nation, für Sinn und Form völlig abgeht“.

Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG (FAZ) ist eine deutsche überregionale Tageszeitung. Sie ist 1949 gegründet worden und wird zu den deutschen Leitmedien gezählt. Dies sind Medien, die einen besonderen Einfluss auf die öffentliche Meinung und auf andere Massenmedien ausüben. Laut Eigenangabe steht die FAZ „für den Erhalt und die Stärkung der demokratischen Ordnung und der Sozialen Marktwirtschaft in Deutschland“. Die Zeitung gilt als liberal-konservatives Blatt. THE EUROPEAN schreibt über die „drei Gesichter“ der FAZ: Sie habe einen eher konservativen, staatstragenden Politikteil, ein linksliberales Feuilleton und einen liberalen Wirtschaftsteil. Die verkaufte Auflage der Zeitung lag zusammen mit der FRANKFURTER ALLGEMEINEN SONNTAGSZEITUNG im zweiten Quartal 2022 bei annähernd 399.000 Exemplaren. Laut der Arbeitsgemeinschaft Online-Forschung (AGOF) hatte der Webauftritt der FAZFAZ.NET – im August 2021 rund 16 Millionen Besucher:innen zu verzeichnen.

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„49-Euro-Ticket: Ein richtiger Schritt – aber noch zu wenig“

Westdeutsche Allgemeine Zeitung (WAZ), 12.10.2022 - Katrin Martens

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Die Perspektive in 30 Sekunden

Für Katrin Martens geht das von den Verkehrsminister:innen beschlossene Sparangebot nicht weit genug. „Ein bundesweites 49-Euro-Ticket (…) ist weit von den superbilligen 9 Euro entfernt“, unterstreicht die Leiterin der Kinderredaktion in der WESTDEUTSCHEN ALLGEMEINEN ZEITUNG (WAZ). Menschen mit geringerem Einkommen schließe das Ticket somit aus. 

„[F]ür Geringverdiener und Hartz-IV-Empfänger sind 49 Euro bereits mehr, als sie sich leisten können“, ist Martens überzeugt. „196 Euro pro Monat müsste eine Familie mit zwei Kindern ausgeben“, veranschaulicht sie. Das sei viel Geld. „Was war das für ein Sommer!“, schwärmt die Kommentatorin. Denn vor allem für Familien, die sich normalerweise keinen Urlaub leisten können, habe sich das 9-Euro-Ticket als „Traumticket“ entpuppt: „um aus dem kargen Alltag herauszufahren – zum ersten Mal ans Meer mit den Kindern, zum ersten Mal in die große Stadt“.

Zweifelsohne werde ein Teil der Bevölkerung dennoch von einem 49-Euro-Ticket profitieren: etwa Pendlerinnen und Pendler, die an Rhein und Ruhr derzeit 80 Euro für ein Monatsticket bezahlen, oder Reisende, die in NRW aktuell 30,60 Euro für ein Schöner-Tag-Ticket berappen müssen. Doch mit Blick auf ärmere Haushalte sei das 49-Euro-Ticket „zu wenig“.

Anmerkungen der Redaktion

Katrin Martens ist die Leiterin der Kinderredaktion für die Funke Mediengruppe in NRW, zu der unter anderem die WESTDEUTSCHE ALLGEMEINE ZEITUNG (WAZ) gehört. Für die Funke Mediengruppe arbeitet Martens seit 2008. Zunächst ist sie rund 12 Jahre als Redakteurin in der Kinderredaktion tätig gewesen, seit 2020 leitet sie die Redaktion. Zuvor schrieb sie rund 9 Jahre lang für die NEUE RUHR ZEITUNG, wo sie auch ihr Volontariat absolvierte. Martens hat Publizistik- und Kommunikationswissenschaft sowie Geschichte und Politikwissenschaft in Bochum studiert.

Die WESTDEUTSCHE ALLGEMEINE ZEITUNG (WAZ) ist die größte deutsche Regionalzeitung. Erstmals erschien sie im Jahr 1948. Ihr Hauptsitz ist in Essen, sie erscheint jedoch im gesamten Ruhrgebiet. Im Laufe der Jahre wurden mehrere andere Zeitungen aufgekauft und die „Zeitungsgruppe WAZ“ entstand, die 1997 in „WAZ-Mediengruppe“ umbenannt wurde. Heute wird die WAZ von der Funke-Mediengruppe herausgegeben. Überregionale Themen werden von der Zentralredaktion in Berlin bearbeitet. Wie zahlreiche andere Zeitungen hat auch die WAZ-Mediengruppe stark mit sinkenden Auflagezahlen zu kämpfen. Im ersten Quartal 2022 lag diese bei knapp 402.000 verkauften Exemplaren, zu Beginn des Jahrtausends waren es noch knapp dreimal so viele. Dennoch ist die WAZ nach wie vor die größte regionale Tageszeitung in Deutschland.

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„‚Eine Mobilitätswende scheint mir damit nicht herbeigeführt werden zu können‘“

Saarländischer Rundfunk (SR), 14.10.2022 - Stephan Deppen

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Der Hörfunkmoderator Stephan Deppen kritisiert, dass ein 49-Euro-Ticket Neukund:innen voraussichtlich nicht für Bus und Bahn begeistern könne. Daher seien auch die erhofftenpositiven Effekte auf das Klima unwahrscheinlich: „[E]ine Mobilitätswende scheint mir damit nicht herbeigeführt werden zu können“, kommentiert er im SAARLÄNDISCHEN RUNDFUNK (SR).

Das 9-Euro-Ticket habe auch Reisende ohne konkrete Reisepläne überzeugt. Doch der Reiz, den Fahrschein allein aufgrund des günstigen Preises schon einmal auf Verdacht zu kaufen, falle bei dem geplanten Nachfolger weg. „Für einen Fahrschein, der eine spontane Nutzung möglich macht, sind 49 Euro zu viel“, beteuert der Hörfunkmoderator. „So, wie es jetzt geplant ist, könnte es zu einer reinen Subventionierung der Fahrscheine führen, die ohnehin gekauft werden.“

Darüber hinaus sei der bundesweite Geltungsbereich des 49-Euro-Tickets für viele Reisende unnötig groß. „[M]uss es denn unbedingt ein national gültiges Ticket sein?“, fragt Deppen. Er glaubt, dass vielen Menschen auch ein regionales Angebot für 29 Euro genügen würde. Damit wäre aus seiner Sicht auch für den Klimaschutz mehr gewonnen: „Das könnte auch Gelegenheitsnutzer des ÖPNV dazu bewegen, diesen Fahrschein zu erwerben.“

Anmerkungen der Redaktion

Stephan Deppen arbeitet für das KULTURRADIO SR 2 des SAARLÄNDISCHEN RUNDFUNKS. Als Mitarbeiter des KULTURRADIOS beschäftigt sich Deppen viel mit der Kulturszene im Saarland, wie beispielsweise Messen oder Architektur. Daneben schreibt er auch Kommentare zur saarländischen Politik.

Der SAARLÄNDISCHE RUNDFUNK (SR) wurde 1957 gegründet und ist nach dem RADIO BREMEN die zweitkleinste Rundfunkanstalt der ARD. Wie die anderen Mitglieder der ARD wird auch der SR zum Großteil über den Rundfunkbeitrag finanziert, sein Programm wird von einem Rundfunkrat kontrolliert. Der Rundfunkrat soll sicherstellen, dass die Berichterstattung des Senders unparteiisch erfolgt und gleichzeitig Angebote produziert werden, die das Informationsbedürfnis der Bevölkerung abdecken. Der SR pflegt viele Kooperationen mit dem SÜDWESTRUNDFUNK (SWR): So werden beispielsweise viele Fernsehsendungen gemeinsam von den beiden Sendern produziert und in den jeweiligen Sendegebieten ausgestrahlt. Intendant des SR ist seit 2021 der Journalist Martin Grasmück, der bereits seit seinem Studium für den Hörfunk des Senders tätig gewesen ist.

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„Preis ist nicht alles: Wie gut ist NRW angebunden?“

Westdeutscher Rundfunk (WDR), 05.10.2022 - Bastian Kogel, Rainer Striewski, Till Hafermann, Jannes Höke

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Die Perspektive in 30 Sekunden

„Laut Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) konnten oder wollten (…) viele Menschen auf dem Land das 9-Euro-Ticket gar nicht verwenden“, halten die Autoren Rainer Striewski, Till Hafermann und Jannes Höke fest. In ihrem Beitrag für den WESTDEUTSCHEN RUNDFUNK (WDR) gehen sie der Frage nach, wie gut unterschiedliche Regionen in NRW an den öffentlichen Nahverkehr angebunden sind.

Aus der Analyse der Autoren ergibt sich ein gemischtes Bild. Nach Angaben des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR)kostet es Reisende rund um Münster etwa mitunter über 50 Minuten, um mit dem ÖPNV zu einem größeren Stadtzentrum zu gelangen, in dem es weiterführende Schulen, Krankenhäuser oder Universitäten gibt. Im Süden NRWs – beispielsweise in Blankenheim oder Nideggen ­ falle teilweise eine ähnlich lange Fahrtzeit an.

Gleichzeitig gebe es in NRW Regionen mit einem vorbildlichen Bus- und Bahn-Angebot. Bastian Kogel vom Verkehrswissenschaftlichen Institut der RWTH Aachen hebt dem Beitrag zufolge die Rheinachse und das Ruhrgebiet hervor. Das Münsterland, Siegerland, Sauerland oder die Eifel seien deutlich schlechter angebunden: „[W]er nicht genau an diesen Achsen lebt, ist dann doch wieder auf den Pkw angewiesen.“

Gerade in weniger dicht besiedelten Gebieten plädiert Kogel laut des WDR-Beitrags dazu, den Schienenverkehr massiv auszubauen. Die Region Aachen gehe mit gutem Beispiel voran: Dort wurde eine alte Trasse reaktiviert, die zusammen mit anderen Strecken einen Ring um die Stadt bildet. Gleichzeitig werde über eine Regiotram diskutiert, die Reisende zukünftig von dort aus direkt in das Zentrum von Aachen bringen könnte.

Um mehr Menschen für den ÖPNV zu gewinnen, brauche espositive Erfahrungen. „Gerade das 9-Euro-Ticket hat sehr gut gezeigt, dass neben dem Preis entscheidend ist, dass man einfach Zugang zum System bekommt“, zitiert die WDR-Redaktion Kogel. Um zu überprüfen, wie einzelne Orte angebunden sind, empfehlen die Autoren den WDR-Reichweiten-Checker: Dieser enthält Daten zu allen knapp 47.000 Haltestellen in NRW.

Anmerkungen der Redaktion

Bastian Kogel ist Lehrbeauftragter am Lehrstuhl für Schienenbahnwesen und Verkehrswirtschaft an der RWTH Aachen. Er hat in Aachen Bauingenieurwesen, Verkehrs- und Raumplanung studiert und später – ebenfalls an der RWTH ­ als wissenschaftliche Hilfskraft gearbeitet. Zwischenzeitlich war Kogel rund 2,5 Jahre für die Deutsche Bahn tätig, unter anderem als Leiter des Teams „Strategie“ in der Abteilung „Verfahren“. Später kam er als wissenschaftlicher Mitarbeiter zurück zur RWTH Aachen, für die er seither tätig ist.

Rainer Striewski berichtet für den WDR über die Landespolitik in Nordrhein-Westfalen. Er hat Literaturwissenschaft und Politik studiert und später für das Fernsehen gearbeitet. Hier kam er 2001 auch zum WDR, für den er seither tätig ist. Neben der Landespolitik berichtet Striewski auch über die Pflege und Infrastruktur in Nordrhein-Westfalen.

Till Hafermann ist Redakteur beim WDR. Er hat an der Universität Hohenheim Kommunikationswissenschaft im Bachelor studiert und seinen Master in Kommunikationswissenschaft an der Universität Mainz absolviert. Während seines Bachelor-Studiums arbeitete er bei einem Campusradio. Zu Beginn seines Master-Studiums fing er an, beim HESSISCHEN RUNDFUNK zu arbeiten; zunächst als Online-Redakteur, später als Radioreporter und dann als Datenjournalist. Seit 2019 ist er beim WDR beschäftigt: zunächst als frei angestellter Social-Media-Redakteur, seit 2021 als fest angestellter Redakteur.

Jannes Höke ist ein freier Softwareentwickler. Seit Beginn der Pandemie arbeitet er häufig mit Datenjournalist:innen zusammen. Zudem ist Höke beim WDR als Softwareentwickler beschäftigt, mit dem Ziel, die Organisationsstruktur des WDR mit dem sogenannten „OKR-Framework“ auf eine neue Form der Mitarbeiterführung umzustellen. Das „OKR-Framework“ ist ein Rahmenwerk zur Zielsetzung und Messung der Zielerreichung. Auf dem Software-Entwicklungsdienst Github veröffentlicht Höke unter dem Pseudonym „jh0ker“.

Der WESTDEUTSCHE RUNDFUNK (WDR) ist die größte der neun Landesrundfunkanstalten der ARD. Er entstand 1956, als sich der NWDR in den NDR und den WDR aufteilte. Die Sendeanstalt hat sechs Radioprogramme und einen Fernsehsender, zu dessen bekanntesten Programmen unter anderem das Politmagazin „Monitor“, die „Sportschau“ oder das Kinderangebot „Die Sendung mit der Maus“ gehören. Laut eigenen Angaben ist der Sender nach Anzahl der Beschäftigten das zweitgrößte Medienunternehmen Europas hinter der BBC. Laut der „Media-Analyse 2021“ erreicht der Fernsehsender des WDR in Deutschland täglich rund 8 Millionen Zuschauer:innen, der Radiosender rund 11 Millionen Zuhörer:innen. Der Webauftritt des WDR hatte im April 2022 laut Similarweb rund 14,8 Millionen Besuche zu verzeichnen.

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„Nahverkehr in Europa: Null-Euro-Tickets auf dem Vormarsch“

Deutsche Welle (DW), 03.06.2022 - Burak Ünveren

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Die Perspektive in 30 Sekunden

„Die Mobilität in Europa ist im Wandel“, konstatiert der Moderator und Journalist Burak Ünveren. In seinem Beitrag für den Auslandsrundfunk DEUTSCHE WELLE (DW) stellt er dar, wie immer mehr Länder versuchen, die Verkehrswende mit einem kostenlosen Nahverkehr voranzutreiben.

Allen voran Luxemburg: „Das kleine Herzogtum hat am 1. März 2020 bezahlte Tickets im öffentlichen Nahverkehr abgeschafft“, so Ünveren. Auch international Reisende dürfen den ÖPNV dort kostenlos nutzen. Laut Verkehrsminister François Bausch solle das Landzu einem „Mobilitätslabor“ werden ­­– verlässliche Statistiken zum Erfolg des kostenlosen öffentlichen Nahverkehrs gibt es bisher aber noch nicht.

Seit dem 1. Oktober 2022 dürfen auch die Einwohnerinnen und Einwohner der Mittelmeerinsel Malta das Bussystem gratis nutzen. Laut Ünveren ist Malta damit das zweite europäische Land, das einen kostenlosen ÖPNV einführt. „Falls Touristen das Ticket vor der Anreise beantragen, müssen auch sie nichts für den Öffentlichen Nahverkehr in Malta bezahlen“, betont der Autor.

Hasselt inBelgien führte die kostenlose Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel schon im Jahr 1997 ein. Die belgische Stadt schaffte es damit bei Verkehrsexperten zu internationaler Bekanntheit, unterstreicht Ünveren. Inzwischen müssen Reisende dort aber wieder Fahrkarten lösen: „Die Stadtverwaltung machte das Konzept (…) 2013 rückgängig, weil die Kosten langfristig zu hoch waren“, klärt der Autor auf.

2013 führte auch die estnische Hauptstadt Tallinn den kostenlosen ÖPNV für Bürgerinnen und Bürger ein. Anlass war die Finanzkrise, die Tickets vielerorts unbezahlbar machte. Auch wenn laut Ünveren umstritten ist, ob das Gratis-Angebot in Tallinn auch die Popularität des Autos gesenkt hat, seien Bus und Bahn inzwischen in den meisten Landkreisen Estlands kostenlos

In der französischen Stadt Dünkirchen wurde der kostenlose Nahverkehr 2018 eingeführt. Laut einer Studie habe das Projekt tatsächlich zu einer Reduzierung der Autofahrten geführt. „Etwa fünf Prozent der Befragten äußerten sogar, sie hätten aufgrund der kostenlosen Busse entweder ihr Auto verkauft oder sich gegen den Kauf eines zweiten Autos entschieden“, stellt der Autor heraus.

Auch auf einigen dänischen Inseln war der ÖPNV zeitweise kostenlos. Nach Informationen von Dänemarks offizieller Tourismuszentrale versuchte die dänische Regierung damit, den Tourismus nach den COVID-19-Lockdowns anzukurbeln. Im Sommer 2020 und 2021 waren Überfahrten auf die dänischen Inseln daher für Passagiere ohne Auto kostenlos.

Anmerkungen der Redaktion

Burak Ünveren ist Moderator und Journalist. Er ist seit sechs Jahren als Redakteur bei der DEUTSCHEN WELLE (DW) tätig. Nebenbei arbeitet Ünveren als freier Moderator. In seiner Karriere hat er in unterschiedlichen Bereichen Erfahrungen gesammelt: darunter als Rechercheur für das Europäische Zentrum für Presse- und Meinungsfreiheit und als Redakteur für die türkische DOGAN MEDIA GROUP. Ünveren hat Politikwissenschaft und Internationale Beziehungen in der Türkei studiert.

Die DEUTSCHE WELLE (DW) ist der Auslandsrundfunk der Bundesrepublik Deutschland. Er wird aus Bundesmitteln finanziert und ist Mitglied der ARD. Die DEUTSCHE WELLE produziert Online-, Fernseh- und Radiobeiträge und sendet in rund 30 Sprachen. Damit ist sie einer der Träger der auswärtigen Kulturpolitik der Bundesrepublik Deutschland. Die Inhalte der Programme haben einen Schwerpunkt auf Nachrichten, Dokumentationen und Kulturberichterstattung. Die DEUTSCHE WELLE sorgte im Frühjahr 2020 für Schlagzeilen, nachdem die TAGESZEITUNG (TAZ) einige Schilderungen von Mitarbeiter:innen veröffentlichte. Sie berichteten von einem schlechten Arbeitsklima, von Rassismus, Mobbing und systematischer Unterdrückung von Kritik.