Die kleine Kiste: Gedenkhalle Oberhausen

Holzkiste mit Intarsien eines unbekannten ukrainischen Zwangsarbeiters zwischen 1941 und 1945

Als die Gedenkhalle am 2. September 1962 eröffnet wurde, war sie die erste Einrichtung zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus in Westdeutschland. Oberhausen war damit ein vereinzelter Vorläufer einer Entwicklung, die andere Städte und Gemeinden in Westdeutschland erst ein oder zwei Jahrzehnte später nachvollzogen. Auf die erste Ausstellung von 1962 folgte 1988 eine neue Dauerausstellung mit dem zeittypischen Titel „Widerstand und Verfolgung in Oberhausen 1933-1945“. Diese Ausstellung wurde im Dezember 2010 durch die neue Dauerausstellung „Nationalsozialismus in Oberhausen 1933 – 1945“ abgelöst.

Die Dauerausstellung der Gedenkhalle ist dreiteilig gegliedert. Als kommunal angelegte Gedenkstätte steht im Hauptraum die Stadtgeschichte Oberhausens im Nationalsozialismus im Zentrum. Ergänzend wird im Hauptraum als Schwerpunktthema Zwangsarbeit 1939 bis 1945 dargestellt. Auf Grund der interkommunalen Verflechtungen im Ruhrgebiet geht die Darstellung über Oberhausen hinaus in die Region. Im Foyer wird die Gründung der Gedenkhalle sowie die sich daran anschließende Gedenk- und Erinnerungskultur in der Stadt ausgestellt.

Um den gesellschaftshistorischen und ortsspezifischen Verhältnissen Rechnung zu tragen, werden konkrete Fälle von Verfolgung und Ausgrenzung sowie die Handlungsmöglichkeiten und Entscheidungschancen von Individuen und Personengruppen zwischen Zustimmung, Anpassung, Resistenz und Widerstand dargestellt. Unter dem Aspekt der Verfolgung rücken mehr als zuvor die aus rassistischen und eugenischen Gründen Verfolgten in den Blickpunkt. Zudem wird der Konsens eines großen Teils der deutschen Bevölkerung mit dem Regime deutlich, der von den wirtschaftlichen und intellektuellen Eliten bis in große Teile der Arbeiterschaft reichte. Von Bedeutung ist auch die differenzierte Darstellung der Jugend zwischen den Jugendorganisationen der Nationalsozialisten einerseits und resistentem bis widerständigem Verhalten andererseits, so wie es Edelweißpiraten oder konfessionelle Jugendgruppen praktizierten.

Das Schwerpunktthema „Zwangsarbeit“ würdigt, dass es auch in Oberhausen mehrere Zehntausend sogenannter „Fremdarbeiter“ gab. Die meisten von ihnen waren unter Zwang ins Deutsche Reich verschleppt worden. Mehr als 1.200 von ihnen überlebten die Zwangsarbeit in Oberhausen nicht. Die Ausstellung erläutert den Weg in die Zwangsarbeit, die unterschiedlichen Gruppen von Zwangsarbeitern, ihre Arbeitsorte, die Lebens- und Arbeitsbedingungen, Kontakte zu Deutschen sowie ihre Befreiung 1945. In mehreren Medienstationen kann man sich anhand von Interviews mit ehemaligen Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen die damalige Situation vergegenwärtigen.

Dem frühen Beginn des Gedenkens in Oberhausen trägt die exemplarische Darstellung der kommunalen Erinnerungskultur im Foyer Rechnung. Die Gedenkhalle wird als zentraler Exponent der städtischen Gedenkkultur exemplarisch in ihrem Lauf durch 50 Jahre Gedenken dargestellt. Zum anderen werden andere Gedenk- und Erinnerungsorte im gesamten Stadtgebiet vorgestellt. Abschließend sind die alljährlichen Gedenkfeiern zu sehen, um auf die aktuelle Bedeutung des Gedenkens hinzuweisen.

Die Bildungsarbeit der Gedenkhalle sieht vor, dass Schul- und andere Gruppen Workshops mit einer längeren Verweildauer und einer intensiveren Auseinandersetzung mit einem speziellen Thema buchen können. Dadurch soll in gemeinsamer Beschäftigung mit wechselnden Arbeitsformen und Lernsituationen ein besseres Verständnis für die konkreten Verhältnisse und Situationen in der Zeit des Nationalsozialismus erarbeitet werden.

Die Gedenkhalle befindet sich seit ihrer Gründung in Trägerschaft der Stadt Oberhausen. Sie verbindet sich mit der Geschichte der Stadt und ihrem Selbstverständnis nach 1945 auf eine besondere Weise: Einerseits war sie ein Projekt, das sich seit Ende der 1950er Jahre auf die Initiative der Stadt hin entwickelte. Andererseits war sie aber auch ein identifikatorisches Projekt vieler in der Stadt lebender ehemaliger Widerständler. Aufgrund des für alle Beteiligten immer wieder aufscheinenden Identitätsangebotes war und blieb die Gedenkhalle bis heute der allgemein angenommene Ort für das kommunale Opfergedenken und die historische Dokumentation. Die stetige Eingebundenheit vieler Akteure vor Ort definiert die Gedenkhalle bis heute als einen sinnstiftenden Ort mit hohem Netzwerkcharakter in die Stadtgesellschaft hinein.

Weitere Informationen:
www.gedenkhalle-oberhausen.de
www.oberhausen.de/gedenkhalle