Die Sommerjacke des Häftlings Max Schubert

Informationen zur Erinnerungs- und Gedenkstätte Wewelsburg 1933–1945 im Kreismuseum Wewelsburg

Die Erinnerungs- und Gedenkstätte Wewelsburg 1933–1945 ist eine Abteilung des Kreismuseums Wewelsburg, ca. 20 km von Paderborn entfernt. Das Schloss Wewelsburg wurde vor über 400 Jahren als Nebenresidenz der Paderborner Fürstbischöfe errichtet und geriet 1933 in den Fokus von Reichsführer-SS Heinrich Himmler. Dieser pachtete es und ließ es als „SS-Schule Haus Wewelsburg“ zu einer zentralen Versammlungsstätte für die Schutzstaffel (SS) ausbauen.

Um genügend Arbeiter für den geplanten gigantischen Ausbau der Schlossanlage einsetzen zu können, ließ Himmler am Ortsrand das Konzentrationslager Niederhagen/Wewelsburg errichten. Insgesamt wurden rund 3.900 Häftlinge nach Wewelsburg deportiert. Mindestens 1.285 von ihnen starben an Hunger, Krankheit, den schweren Arbeitsbedingungen oder an den Misshandlungen durch die SS. Himmler plante, sich jährlich mit der SS-Elite auf der Wewelsburg zu treffen. Belegt ist ein Treffen im Juni 1941 – eine Woche vor Beginn des Krieges gegen die Sowjetunion – mit SS-Führern, die für den späteren Völkermord im Osten verantwortlich waren. An diesem Treffen lässt sich die geplante Bedeutung der Wewelsburg als Ort der Selbstvergewisserung für die SS-Elite und der Zurschaustellung vermeintlicher rassischer Überlegenheit besonders gut verdeutlichen. Wenige Tage vor Einmarsch der amerikanischen Truppen, die die KZ-Häftlinge am 2. April 1945 befreiten, ließ Himmler die Wewelsburg sprengen. Sie brannte bis auf die Grundmauern aus, lediglich der Nordturm blieb unversehrt.

Nach Jahrzehnten des Verdrängens und Schweigens begann in den 1970er-Jahren eine öffentliche, konfliktreiche Auseinandersetzung um den Umgang des Ortes mit seiner SS-Vergangenheit. Der Streit endete 1982 in der Errichtung einer Dokumentations- und Gedenkstätte im Kreismuseum Wewelsburg. 2010 wurde die Ausstellung komplett überarbeitet und neu konzipiert: Der historische Ort Wewelsburg, der zwölf Jahre lang durch das verbrecherische, überhöhte Selbstverständnis der Schutzstaffel und seiner menschenverachtenden Ideologie geprägt worden war, sollte Standort für eine Ausstellung werden, die sowohl das Wirken der SS im Dorf und auf die Dorfbevölkerung zeigt, als auch die Gesamtentwicklung der SS in all ihren Facetten. Zusätzlich zu den Verbrechen der SS werden auch ihre Organisationsstruktur sowie ihre weltanschaulichen, religions-, wissenschafts- und kulturpolitischen Vorstellungen dargelegt. Gleichzeitig ist die Ausstellung ein Gedenkort für die Opfer des einzigen Konzentrationslagers auf dem heutigen Gebiet Nordrhein-Westfalens.

Die seit der Nachkriegszeit rege Mythen- und Legendenbildung rund um die Bedeutung der Wewelsburg und vor allem des Nordturms während der SS-Zeit erfordert einen besonderen Umgang mit den beiden dort erhaltenen historischen Räumen. Rechte Verschwörungstheorien und esoterische Fantasievorstellungen bündeln sich hier zu einer unseligen Mythenkonstruktion, die das Leiden der Häftlinge außer Acht lässt. Im Fokus der Legenden steht dabei das im Fußboden des ehemaligen „SS-Obergruppenführersaals“ eingelassene, 12-speichige Sonnenradmotiv. Es wird seit den 1990er-Jahren unter dem Begriff „Schwarze Sonne“ als Erkennungs- und Heilszeichen in der rechtsesoterischen und rechtsextremen Szene genutzt. Auf dem Fußboden liegen hier jetzt bunte Sitzsäcke, um die vermeintlich weihevolle Atmosphäre des Saales zu stören.

Die Ausstellung „Ideologie und Terror der SS“ fordert die Besucherinnen und Besucher zum selbstentdeckenden Lernen auf. Die Ausstellung ist in einzelne Themenbereiche zur lokalen Geschichte und Gesamtentwicklung der SS unterteilt. Es wird versucht, die Geschichte aus verschiedenen Perspektiven heraus zu erzählen. Der Blick wird auf die Mikroebene, auf die Vielfalt der Erfahrungen und die persönlichen Sichtweisen gelenkt. Biografien von SS-Männern, die auf der Wewelsburg lebten, werden mit ihren unterschiedlichen Werdegängen, Sozialisierungsprozessen und Ambitionen ebenso vorgestellt wie die Schicksale der ehemaligen KZ-Häftlinge, ihre Lebensumstände vor der Inhaftierung, ihre Haftgründe, ihre Lagererfahrungen und ihr Weiterleben nach der KZ-Haft. Parallel dazu werden die Wahrnehmungen der Dorfbevölkerung und ihre Handlungsweisen dargestellt. Die unterschiedlichen Zugänge sollen verdeutlichen, dass es nicht nur die eine Geschichte gibt, sondern dass sie sich aus unterschiedlich erinnerten und erfahrenen Narrativen zusammensetzt und immer wieder unterschiedliche Handlungsspielräume möglich waren.

In der Bildungsarbeit stehen ein kritisches Geschichtsbewusstsein sowie Reflexionen über die eigene Identität, das eigene soziale Handeln und die Verantwortung des Einzelnen in seinem gesellschaftlichen Umfeld im Vordergrund. Bei den Führungen durch die Ausstellung wird viel Wert auf das dialogische Prinzip gelegt. Die dialogische Führung wird mit einem Dorfrundgang zum ehemaligen Lagergelände verknüpft. Hier steht das Gedenken an die Opfer im Vordergrund, doch werden auch noch immer aktuelle Fragen über den Umgang mit dem Lagergelände oder den letzten erhaltenen KZ-Gebäuden, wie der ehemaligen Häftlingsküche, gestellt.

Mehr Informationen unter: www.wewelsburg.de