Zwei Personen nutzen ihre Smartphones. App-Symbole im Hintergrund

Gute Dialoge - echter Austausch

Zum Download in der Mediathek (CC BY-SA 4.0)

Das Netz ermöglicht viele nützliche Formen des Austauschs. Eine Diskussion mit vielen Leuten an verschiedenen Orten organisieren? Dank Messenger und Videosoftware kein Problem. Doch bei der digitalen Kommunikation bleibt der Austausch oft oberflächlich. Warum ist es wichtig, wie wir kommunizieren - und wie finden wir die beste Form des Austauschs?

tl;dr* - Das Wichtigste, ganz kurz

Worum geht es?

  • Im Netz überwiegen Text- und zeitlich versetzte Kommunikation.
  • Digitale Tools erleichtern zeit- und ortsunabhängige Organisation mit vielen Beteiligten.
  • Dagegen können Empathie und Tiefe verloren gehen.

Was können wir tun?

  • Die angemessene Form der Kommunikation bewusst wählen.
  • Unterschiedliche Bedürfnisse berücksichtigen.
  • Vorteile digitaler Tools und persönlicher Kommunikation kombinieren.

*tl;dr steht für „too long, didn’t read” („zu lang, habe ich nicht gelesen“)

Worum geht es?

Verschiedene Formen der Kommunikation sind für bestimmte Zwecke unterschiedlich gut geeignet. Grundsätzlich gilt: Wie wir Inhalte wahrnehmen, wird auch vom Medium und von Kontext beeinflusst. Es ist offensichtlich ein Unterschied, ob wir denselben Artikel auf dem Sofa sitzend in der Zeitung lesen oder unterwegs auf dem Smartphone. Je nach Situation sind wir mehr oder weniger aufmerksam.

Bei der digitalen Kommunikation gibt es Eigenheiten und Nutzungsgewohnheiten, die bestimmte Nachteile und Risiken mit sich bringen.

  • Flüchtige Wahrnehmung: Oft werden Inhalte mit geringerer Verweildauer und Konzentration gelesen. Videos und interaktive Elemente lenken ab, Links führen weiter auf andere Inhalte.
  • Multitasking: Viele Menschen nutzen das Smartphone nebenher bei anderen Aktivitäten – zum Beispiel beim Fernsehen („Second Screen“, deutsch: "zweiter Bildschirm") oder sogar bei Gesprächen. Bei Videokonferenzen surfen viele gleichzeitig im Web oder beantworten Mails. Das senkt nicht nur die Aufmerksamkeit und führt zu schlechteren Arbeitsergebnissen. Es bewirkt auch schnellere Ermüdung und Unzufriedenheit.
  • Textlastige und asynchrone Kommunikation: Das Schreiben von Texten per Messenger oder E-Mail gilt als praktisch und unkompliziert. Gespräche dagegen erscheinen schwieriger, weil komplexer und unvorhersehbarer. Doch: Dialog per Text ist im Vergleich zu Gesprächen reduzierte Kommunikation. Wenn es nicht um klare und einfache Fragen geht, kommt es häufig zu Missverständnissen. Bei Problemklärungen und sensiblen Themen kann Textkommunikation kontraproduktiv und zeitraubend sein – und sogar Eskalationen begünstigen. Im direkten Gespräch – auch per Telefon – sind dagegen direkte Nachfragen möglich. Und der Tonfall unterstützt die Interpretation des Gesagten. Die Tiefe des Austauschs sinkt, wenn digitale Kommunikation per Text ins Spiel kommt.

Warum es für unsere Demokratie wichtig ist, wie wir kommunizieren

Wenn Text und asynchrone Kommunikation vorherrschen, wie in sozialen Netzwerken, betrifft das nicht nur mehr einzelne. Es hat auch Folgen für die Kultur der öffentlichen Kommunikation.

Die oben beschriebenen Eigenschaften digitaler Kommunikation begünstigen ein aus Bruchstücken konstruiertes Oberflächenwissen. Für ausgewogene Entscheidungen und reflektierte Beteiligung an demokratischen Prozessen ist dies keine gute Voraussetzung.

Der reale Austausch erleichtert es, sich auf andere einzulassen und Empathie zu entwickeln. Je mehr dies ersetzt wird durch reduzierte Formen der Kommunikation, desto schwieriger wird es, gemeinsame Lösungen zu finden. Das gilt sowohl im privaten Bereich als auch für die Politik und gesellschaftliche Themen.

Video: Was bringt „radikale Höflichkeit“?

Die Initiative „Radikale Höflichkeit“ wirbt für eine demokratische Debattenkultur vor allem beim Umgang mit Rechtspopulismus. Sie bietet praktische Tipps und Beispiel, unter anderem: Hake nach, um dein Gegenüber besser zu verstehen, Gemeinsamkeiten zu entdecken und Widersprüche aufzuzeigen. Mehr über die Initiative und das respektvolle Miteinander im Netz im Special „Digitale Zivilcourage“.

Zum Video

Tipps für zielorientierte Kommunikation

Wer wichtige Botschaften vermitteln und Missverständnisse vermeiden möchte, sollte die Form seiner Kommunikation bewusst wählen.

Digitale / textbasierte Kommunikation

  • Vorteile: Orts- und zeitunabhängig. Dadurch sind digitale Tools bei manchen Zwecken oft überlegen, zum Beispiel bei der Terminfindung und organisatorischen Abstimmungen mit mehreren Beteiligten. Sie erleichtern auch die Pflege eines geteilten Informationsbestands (Dateiablage).
  • Nachteile: Informationsgehalt von Texten ist reduziert, eingeschränkte Möglichkeit für Rückfragen.

Persönliche Kommunikation („Face to Face“)

  • Vorteile: Besonders vielschichtig, liefert viel mehr Informationen (Stimme und/oder Körpersprache), ist geeignet für komplexe und sensible Themen. Stärkt persönliche Beziehungen.
  • Nachteile: Kann mit größerem Aufwand verbunden sein.

Oft bieten sich Kombinationen an. Zum Beispiel lassen sich Termine für persönliche Gespräche gut per Text vereinbaren („Kannst du mich am Montag um 15:00 Uhr anrufen, damit wir diese Frage klären können?“). Die Erfahrungen während der Corona-Pandemie haben gezeigt, dass im Beruf hybride Kommunikation oft eine gute Lösung ist – das heißt, der Wechsel zwischen digitalen Tools und Face-to-Face-Kommunikation.

Die oben genannten Zuordnungen sind keine Naturgesetze. Persönliche Bedürfnisse sind unterschiedlich. Manche Menschen drücken sich lieber schriftlich aus, was viele Gründe haben kann: Vielen hilft die Schriftform, ihre Gedanken zu ordnen. Fast alle kennen auch Situationen und besondere Umstände, bei denen man sich bei direkten Geprächsituationen unwohl fühlt. Und nicht zuletzt bietet das Schreiben von Texten denen mehr Zeit für die Formulierungssuche, die eine Sprache nicht so gut beherrschen.

Anderen Menschen fällt es dagegen gerade schwer, sich schriftlich auszudrücken. Für sie kann es eine große Erleichterung sein, mündliche Kommunikationsformen zu wählen.

Digitale Kommunikationsplattformen entwickeln sich zudem ständig weiter. Es kann sich lohnen, Ausschau nach neuen Formaten zu halten und diese auszuprobieren. So sorgte 2020 die App Clubhouse für Aufsehen. Clubhouse ist ein soziales Netzwerk, das nur über Audio funktioniert – ohne Video, ohne Text und ohne Aufzeichnung. Das Konzept der Audio-Vernetzung empfinden viele als vielversprechend für einen intensiven Dialog. An Clubhouse gab es jedoch auch Kritik, vor allem, weil die App anfangs nur mit Einladung zugänglich war. (Siehe Bericht bei t3n)