Grafik einer Person am Laptop, einer Wahlurne, Symbolen für Abstimmungen und Internet

Online-Bürgerbeteiligung Machen

Wie kann ich mich selber einbringen oder Online-Beteiligung anstoßen? Der zweite Teil des Ratgebers zeigt, wie Online-Beteiligung praktisch gestaltet werden kann und was gute Online-Beteiligung in der Praxis ausmacht.

Was macht gute Online-Beteiligung aus?

Bevor man selber eine Online-Beteiligung plant, ist es hilfreich, sich erstmal einen Überblick zu verschaffen, was einen „guten“, erfolgversprechenden Beteiligungsprozess eigentlich ausmacht. Die alte Weisheit „Gut gemeint heißt nicht unbedingt gut gemacht“ gilt auch hier.

Planung

  • klare Ziele formulieren, Bedingungen definieren
  • konkrete Einflussmöglichkeiten für die Beteiligten benennen
  • Online-Beteiligung vorzugsweise in einen Mix aus offline + online einplanen
  • Online-Beteiligungsplattformen sollten möglichst von Beginn an eingerichtet sein
  • Online-Beteiligungsplattformen so übersichtlich, ansprechend und einladend wie möglich gestalten
  • aktuell geltende Datenschutzrichtlinien nicht vergessen und unbedingt beachten

Struktur

  • wo möglich in schon vorhandene lokale Beteiligungskultur einbetten
  • Ressourcen nicht zu knapp kalkulieren & bereitstellen (Zeit, Personal, Organisationsstrukturen, Kompetenz, Finanzen ...)
  • verbindliche Regeln und Abläufe des Beteiligungsverfahrens definieren & vereinbaren
  • Online-Plattform als zentrale Informations-, Kommunikations-, und Beteiligungsplattform gestalten
  • Ablauf, Verhaltensregeln und Mitmachmöglichkeiten eindeutig und verständlich erklären

Verlauf

  • bei Politik/Verwaltung für das Verfahren werben und transparent informieren - Vorbehalte abbauen, Fragen beantworten, um positive Haltung zu erreichen
  • auf Transparenz im Beteiligungsprozess und beim Ergebnis achten
  • Expertinnen und Experten für Durchführung und Moderation des Beteiligungsprozesses gewinnen
  • Dokumentation und Auswertung unter Berücksichtigung aller Perspektiven
  • Präsentation der Ergebnisse nach jeder der geplanten Beteiligungsphasen
  • Informationen auf der Online-Plattform immer aktuell halten

Ergebnis

  • Ergebnis und Aufwand müssen für alle Beteiligten im akzeptablen Verhältnis stehen
  • Ergebnisse müssen verbindlich und verlässlich umgesetzt werden können
  • übersichtliche, allgemeinverständliche Präsentation der Ergebnisse auf der Online-Plattform
  • Plattform auch nach Abschluss der Beteiligung weiterhin zur Einsicht bereitstellen
  • Umgang mit Ergebnissen nach Abschluss der Beteiligung dokumentieren

Welche Leitlinien gibt es schon?

Um Bürgerbeteiligungsprozesse zu standardisieren und verbindlich auf lokaler Ebene zu verankern, entwickeln viele Kommunen Leitlinien. Dies geschieht in der Regel im Rahmen von „Leitlinienprozessen“ in Zusammenarbeit zwischen Bürgerinnen und Bürgern, Politik und Verwaltung.

In den letzten Jahren ist die Zahl der Leitlinienkonzepte rasant gestiegen. Hier können die bisher veröffentlichten Leitlinien kommunaler Bürgerbeteiligung eingesehen werden:
Website des Wegweisers Bürgerbeteiligung zu Leitlinien kommunaler Bürgerbeteiligung
Website des Beteiligungskompasses

Online-Bürgerbeteiligung zum Selbermachen

Die erfolgreichsten Beteiligungsprojekte wurden als kombinierte Offline- und Onlineaktionen realisiert. Denn die Vorzüge von lokalen Treffen und Diskussionen mit den Projektverantwortlichen sowie diversen Materialien zum Anfassen lassen sich gut mit Online-Tools verzahnen. So können Online-Fragebögen, interaktive Dokumente und Karten oder Abstimmungsabfragen zusätzlich online eingesetzt werden und damit andere Bürgergruppen mobilisieren.

Egal ob ein Projekt stärker mit Vor-Ort-Formaten umgesetzt wird oder eher onlinegestützt: Immer gilt, Beteiligungsprojekte umfassend und wohlüberlegt zu planen.

a) Zum Selbermachen: Planung

Ohne geht nicht: Bei der Planung eines eigenen Beteiligungsprojektes müssen als allererstes die zentralen Fragen geklärt werden – die nach Ziel, Zielgruppe, Ressourcen und Zeitrahmen.

Dafür bieten sich Leitfragen wie diese an:

  1. Was soll mit der Bürgerbeteiligung erreicht werden?
  2. Welche Gruppen sollen beteiligt werden?
  3. Wie viele Bürgerinnen und Bürger sollen beteiligt werden?
  4. Auf welcher Ebene (Kommune, Land etc.) soll die Beteiligung stattfinden?
  5. Wie hoch sind die finanziellen und personellen Ressourcen?
  6. Wie viel Zeit steht zur Verfügung?


Eine gute Informations-Quelle dazu ist das Angebot von beteiligungskompass.org. Dort erhalten Sie Ideen für unterschiedliche Projekte je nach formulierten Zielen, Ressourcen und Zeitbudget:
Website des Beteiligungskompasses zur Planung

b) Zum Selbermachen: Methoden

Sobald die Rahmenbedingungen und Ziele geklärt sind, geht es um die Art und Weise, wie der Prozess organisiert werden kann. Dabei gibt es tolle Sachen wie „Appreciative Inquiry“, „Walt-Disney-Methode“, „Crowdmapping“ und „RPA“. Schon abgeschreckt? Keine Angst, alle Methoden aus unserem tabellarischen Überblick werden hier im Einzelnen vorgestellt:

Website des Wegweisers Bürgergeselllschaft zu Methoden und Verfahren
Website des Beteiligungskompasses zu Methoden

Hier aber zunächst mal der gesamte, sehr bunte Strauß an Möglichkeiten, geordnet nach der Zielsetzung/Phase des Beteiligungsprozesses:

Allgemeine Methoden

  • Moderationsmethode
  • Open Space
  • AI – Appreciative Inquiry
  • Kommunaler Planungsworkshop
  • Szenariotechnik
  • Zukunftskonferenz
  • Zukunftswerkstatt

 

Online-Methoden

  • E-Konsultation/Online-Konsultation
  • Ideensammlungen und Ideenwettbewerbe (Crowdsourcing)
  • Eingabe von Anliegen, Anregungen und Vorschlägen

 

Allgemeine Methoden

  • Diskurs
  • Diskursive Bürgerversammlungen
  • Walt-Disney-Methode
  • Konfliktlösungskonferenz
  • Konsensuskonferenz
  • Mediation
  • Runder Tisch

 

Online-Methoden

  • Online-Abstimmungen und Bewertungen
  • Stärken-Schwächen-Analysen (SWOT) zur Bestandsaufnahme
  • Moderierte Online-Dialoge zur Diskussion von Vorhaben und Maßnahmen

 

Allgemeine Methoden

  • Aktivierende Befragung
  • Aktivierende Elemente in der Beratungstätigkeit
  • Arbeitsbuchmethode
  • Bürgerausstellung
  • Bürgerpanel
  • Community Organizing
  • Demokratiewerkstatt
  • eDemocracy
  • PRA – Participatory Rapid Appraisal
  • RTSC – Real Time Strategic Change

 

Online-Methoden

  • Online-Befragungen oder Kurzumfragen (Polls) zur Messung eines Stimmungsbildes
  • Interaktive Karten zur ortbezogenen Erhebung von Eingaben (Crowdmapping)
  • Online-Quiz zur Wissensvermittlung

Allgemeine Methoden

  • Anwaltsplanung
  • Bürgerforen
  • Gemeinsinn-Werkstatt
  • Gemeinwesenarbeit (GWA) –  Stadtteilarbeit
  • Kompetenzwerkstatt
  • Perspektivenwerkstatt
  • Planning for Real®
  • Planspiel und Handlungsspiel
  • Planungswerkstatt
  • Planungszelle
  • Stadtteilforen

Online-Methoden

  • Strukturiertes Feedback zur Evaluierung von Ideen
  • Kommentierung von Vorlagen wie z.B. Gesetzestexten
  • Wikis zur gemeinsamen Arbeit an Texten und Entwürfen

c) Zum Selbermachen: Durchführung

Die zentralen Fragen sind beantwortet – und geeignete Methoden gefunden? Dann kann es mit der Umsetzung losgehen. Beim Schritt ins Konkrete hilft den Projektverantwortlichen diese Checkliste des Netzwerks Bürgerbeteiligung:

Checkliste zu Standards der Bürgerbeteiligung (PDF-Dokument)

Zum Schluss

Die dargestellten Infos zu den Qualitätskriterien, bisherigen Leitlinien und konkreten Umsetzungsvorschlägen können bestenfalls eine Orientierung geben. Das eigene Projekt ist jedoch einzigartig und hat viele Besonderheiten, die beachtet werden müssen. Dabei kann diese Sammlung in der Entwicklung eines eigenen Beteiligungsprojektes hilfreiche Hinweise und Ideen liefern.  

Im dritten Abschnitt "Best Practice" wird der Fokus auf die praktische Anwendung gelegt. Anhand der dargelegten Kriterien und Leitgedanken wurden zehn unterschiedliche Beteiligungsprojekte aus NRW ausgewählt, die anhand eines Steckbriefs vorgestellt werden. Sie zeigen eine Bandbreite an eingesetzten Tools, unterschiedlichen Themen und Größenordnungen.

Übersicht der Quellen