Eine Collage, die beispielhaft den Strukturwandel in NRW darstellen soll: ein Thomas-Konverter aus dem früheren Stahlwerk Phoenix-Ost, ein chinesischer Arbeiter, Phoenix-See, zwei Arbeiter in gelben Helmen.

Der Strukturwandel in NRW und seine Folgen

Wie wir arbeiten und wie wir leben, hängt eng zusammen. Beides verändert sich ständig. In NRW ist das an vielen Orten sichtbar. Wenn dabei Arbeitsplätze in großem Maßstab verschwinden, wirkt sich das auf das Selbstverständnis ganzer Regionen aus. Das hat Folgen für die Einstellungen der Menschen – und oft auch für ihre politischen Ansichten.

Die Filme von Ulrike Franke und Michael Loeken zeigen das anhand von eindrucksvollen Beispielen. Drei der Dokus präsentieren wir hier.

Das Special Strukturwandel in NRW enthält dazu Infos und Materialien. Und es erklärt, was hinter dem Wandel steckt.

Was bedeutet „Strukturwandel“ und worum geht es dabei?

Der Begriff wird meist für grundlegende Veränderungen in der Wirtschaft verwendet. „Strukturwandel“ bedeutet, dass manche Bereiche der Wirtschaft im Laufe der Zeit wichtiger werden, während andere an Bedeutung verlieren. Auch die Strukturen der Beschäftigten verändern sich – zum Beispiel Alter oder Ausbildung. Diese Veränderungen in der Wirtschaft hängen mit Veränderungen in der Gesellschaft zusammen. Oft werden ganze Gesellschaften mit Worten beschrieben, die mit der Wirtschaftsstruktur zusammenhängen – wie „Industriegesellschaft“ oder „Informationsgesellschaft“.

So zählte zum Beispiel in NRW in der Mitte des 20. Jahrhunderts die Stahlindustrie zu den wichtigsten Wirtschaftszweigen. Ab den 1970er Jahren gewannen Dienstleistungen aber immer mehr an Bedeutung, später auch Informations- und Kommunikationstechnologien. Heute treiben vor allem Faktoren wie der Klimawandel und die Digitalisierung Veränderungen in der Wirtschaft voran. Beim Thema Strukturwandel geht es also zunächst darum, wie sich die Arbeitswelt im Laufe von Jahren und Jahrzehnten verändert. Und darum, welche Auswirkungen diese Veränderungen auf Alltag und Zusammenleben haben.

Mehr zu den Ursachen des Strukturwandels
 

Strukturwandel schnell erklärt

Was versteht man unter Strukturwandel? Einen ersten Überblick gibt unser anderthalbminütige Animationsclip.

Am Beispiel des Ruhrgebiets zeigt er bedeutende wirtschaftliche Änderungen der letzten Jahrzehnte sowie die Auswirkungen des Strukturwandels auf Einzelne und die Gesellschaft.

Wie sieht Strukturwandel aus?

Die wirtschaftliche Struktur kann ganze Regionen sichtbar prägen. Links: Ein Stahlwerk in Dortmund-Hörde, kurz vor seinem Abriss. Rechts: Das moderne Wohn- und Erholungsgebiet Phoenix-See, das an gleicher Stelle nach dem Abriss entstand.

Was ist das Problem?

Wenn sich wirtschaftliche Strukturen verändern, hat das zunächst Folgen für Unternehmen. Manche Wirtschaftszweige profitieren vom Wandel, während Unternehmen in anderen Bereichen in Schwierigkeiten geraten. Auch die Beschäftigten sind davon betroffen. Die wirtschaftliche Lage der Unternehmen hat Auswirkungen auf Arbeitsplätze und damit auf die Lebensgrundlage und Zukunftsaussichten von Angestellten.

Eines der bekanntesten Beispiele für den Strukturwandel ist die Entwicklung des Ruhrgebiets. Als die Förderung von Kohle und die Produktion von Stahl ab Ende der 1950er Jahre an Bedeutung verliert, fallen hier hunderttausende von Arbeitsplätzen weg. Damit gehen vielfältige Veränderungen einher. So sehen viele Betroffene kaum eine Chance auf einen neuen Job und haben das Gefühl, „im Stich gelassen“ zu werden. Gleichzeitig entwickelt sich die Region weiter. Das Land fördert neue Branchen und Hochschulen werden gegründet. Neue Arbeitgeber siedeln sich an und locken Arbeitssuchende, oft aus anderen Ländern oder Bildungskreisen. 

Während manche sich „abgehängt“ fühlen, geht es anderen immer besser. Das betrifft Unternehmen, die gute Zukunftsaussichten haben und Menschen, die dort sichere Arbeitsplätze finden – weil sie sich auf den Wandel einstellen können oder eine passende Ausbildung haben. Durch den Strukturwandel gibt es also Gewinner und Verlierer. Das erzeugt Spannungen in der Gesellschaft und hat gegebenenfalls Auswirkungen auf die politische Einstellung der Menschen. Zum Beispiel können Menschen, die ihre Arbeit durch den Wandel verloren haben, in den neuen Arbeitskräften eine unerwünschte Konkurrenz sehen.

Filme: Die Folgen des Strukturwandels

Ulrike Franke und Michael Loeken beschäftigen sich schon seit vielen Jahren mit dem Strukturwandel in Nordrhein-Westfalen. In ihren Langzeitdokumentationen zeigen sie exemplarisch, wie sich der Strukturwandel auf Menschen und Regionen – auf die gesamte Gesellschaft auswirkt. Ihre genaue und ruhige Beobachtung der Geschehnisse sowie die respektvollen Interviews mit vielen Beteiligten und Betroffenen machen deutlich, welche Wucht und welche Auswirkungen Prozesse des Strukturwandels entfalten können.

Drei der Filme, die von den beiden Filmschaffenden in den Jahren 2006 bis 2014 entstanden sind, stehen in diesem Special zur Verfügung. Sie finden sie inklusive vielfältigen weiteren Materials auf der Seite Filme.

Neugierig geworden? Schauen Sie sich die Trailer der zwei Filme an, die ganz neu in unserem Programm sind.

Trailer „Göttliche Lage“

Wo ein Stahlwerk stand, entstehen ein See und teure Wohnungen. Doch wer im Werk gearbeitet hat, kann es sich nicht leisten, dort zu wohnen.

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Trailer „Arbeit Heimat Opel“

Der Film begleitet sechs Jugendliche, die 2009 ihre Ausbildung im Opel-Werk in Bochum beginnen. Von Anfang an ist ungewiss, ob ihre Arbeit Zukunft hat.

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Warum geht der Strukturwandel immer weiter?

Wirtschaft und Industrie entwickeln sich ständig weiter. In Zukunft werden insbesondere der Klimawandel und die sogenannte De-Globalisierung – angesichts der Erfahrungen aus Corona-Pandemie und Ukrainekrieg – Treiber für weitere wirtschaftliche Anpassungen sein. Hinzu kommen Entwicklungen, die bereits in der Vergangenheit zu großen Veränderungen geführt haben und die auch in Zukunft wichtig bleiben, wie etwa die Digitalisierung und Automatisierung.

Mehr zur aktuellen Entwicklung
 

Wie können wir den Wandel gestalten?

Darüber, wie wir mit den Folgen des Strukturwandels umgehen sollten, wird viel diskutiert und oft auch gestritten. Denn durch den Wandel verändern sich nicht nur die Formen der Produktion und damit die Arbeit der Beschäftigten. Vielmehr beeinflussen die Veränderungen auch den Alltag, das Zusammenleben und die Politik.

Darum bemüht sich die Politik, Nachteile auszugleichen. Zum Beispiel können Umschulungen und Förderungen dazu beitragen, dass sich Menschen und Unternehmen an veränderte Rahmenbedingungen anpassen können. Auch Investitionen in Infrastruktur und Freizeitangebote können dabei helfen, dass betroffene Städte und Gemeinden in Zukunft attraktiv bleiben.

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Beispiel: Was wird aus dem Rheinischen Braunkohlerevier?

Die Region des Rheinischen Reviers ist vom Braunkohletagebau und von Kraftwerken geprägt. Nun ist das Ende des Abbaus beschlossen und die Region muss sich an die veränderten Strukturen anpassen.

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Beispiel: Der „übersehene“ Strukturwandel – Wie entwickelt sich die Textil- und Bekleidungsindustrie in NRW?

Die Textil- und Bekleidungsindustrie war lange in vielen Regionen von NRW eine der größten Arbeitgeberinnen. Durch den zunehmenden Einsatz von Maschinen und die Abwanderung der Produktion sind viele Arbeitsplätze verloren gegangen. Die Spezialisierung der Branche hat vielen Unternehmen jedoch geholfen, den Strukturwandel zu bestehen.

Weitere Informationen liefert unsere Infoseite  dazu

Mehr erfahren: Medien- und Linktipps

  • Podcast Revier-Geschichten

Der Podcast zum Rheinischen Revier will die Vielfalt der Menschen im Revier zeigen und ein positives Bild vom Strukturwandel vermitteln.

Zum Podcast Revier-Geschichten 

  • Ruhr-Guide: Onlinebeitrag „Das Ruhrgebiet – Die Entwicklung und der Strukturwandel“

Der Online-Artikel bietet einen Überblick über die historische Entwicklung des Ruhrgebiets seit dem Ende der 50er Jahre.

Zum Online-Artikel

  • Fachbeitrag der bpb: Wer soll in Zukunft arbeiten?

Neue Technologien, prekäre Arbeitsverhältnisse, Fachkräftemangel: Der Artikel thematisiert Herausforderungen durch den Wandel in der Arbeitswelt und zeigt Lösungen.

Zum Online-Artikel

  • Handreichung der bpb: Sozialer Wandel in Deutschland

Das Heft untersucht mithilfe empirischer Daten den sozialen Wandel in Deutschland und geht dabei auf Entwicklungen zwischen Ost- und Westdeutschland ein.

Zum Heft

  • Fachartikel der bpb: Von der Industrieregion zur Wissensregion

Der Artikel aus der APuZ zeigt auf, wie sich sich die Debatte um den Strukturwandel im Ruhrgebiet verändert hat: von Themen wie Arbeitslosigkeit und Armut hin zu einer ökologischen Wissensregion.

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