Der Zeigefinger einer Roboterhand sowie einer menschlichen Hand berühren sich. Um die beiden Hände herum befinden sich bunte Sprechblasen mit Frage- und Ausrufezeichen.

Grundlagen: Künstliche Intelligenz

Spätestens mit ChatGPT ist Künstliche Intelligenz (KI) im Bewusstsein der Menschen angekommen. Zwar sind gebräuchliche Anwendungen wie etwa Sprachassistenten, Gesichtserkennung oder Online-Übersetzer schon seit mehreren Jahren mit KI und maschinellem Lernen verknüpft. Doch erst die für alle nutzbare Möglichkeit, Texte voll automatisiert von einem Programm schreiben zu lassen, hat uns begreifbar gemacht, wie weit fortgeschritten KI-Anwendungen bereits sind und wie sehr sie unseren Alltag und unsere Arbeitswelt verändern werden. Wie können wir diesen Wandel als Gesellschaft gut gestalten – also die Vorteile künstlicher Intelligenz sinnvoll nutzen und die Risiken wirksam einhegen? Dieses Themenspecial gibt einen Überblick.

Kurz erklärt: Das ist KI

Wenn von Künstlicher Intelligenz die Rede ist, kann damit Verschiedenes gemeint sein. Denn die Definition ist recht allgemein: Künstliche Intelligenz ist die Fähigkeit einer Maschine, menschliche Fähigkeiten wie logisches Denken oder Lernen nachzuahmen. Mit Maschine sind in der Regel Programme (Software) auf Computern gemeint. Aus riesigen Datenmengen (Big Data) können Maschinen Übereinstimmungen und Zusammenhänge erkennen sowie Schlussfolgerungen ziehen.

Wir unterscheiden verschiedene Aspekte künstlicher Intelligenz. Sogenannte schwache KI ist auf eingegrenzte Aufgaben spezialisiert, beispielsweise Schach spielen oder Spam-E-Mails erkennen. Solche KI-Systeme sind in vielen Bereichen bereits leistungsfähiger als Menschen. Sie braucht aber zwingend die menschliche Leistung beim Programmieren.

Sogenannte starke KI hingegen kann auch auf neue Aufgaben intelligent reagieren. Sie programmiert sich also selbst (weiter). Starke KI gibt es nach Auffassung von Fachleuten bislang nicht. Allerdings wachsen die Fähigkeiten von KI exponentiell. Auch für Expertinnen und Experten ist nicht immer nachvollziehbar, welche Eingaben zu welchen Ergebnissen führen – und warum genau sich große Entwicklungssprünge vollziehen.

Wie funktioniert KI? Wo begegnen wir ihr im Alltag? Welche Chancen, aber auch Risiken bringt KI mit sich und worauf sollten wir bei der Nutzung achten? Unser Clip beantwortet diese Fragen auf verständliche Weise und bietet einen guten Einstieg in das Thema.

Kurz festgestellt: Was sich durch Generative KI ändert

Die sich nun rasant verbreitenden Text- und Bildgeneratoren wie ChatGPT, Dall-E und Co. bezeichnen wir als Generative KI. Sie zeichnet sich dadurch aus, dass sie nicht nur bestehende Daten analysiert und interpretiert und daraus eine Folge ableitet: zum Beispiel  die schnellste Route von A nach B oder einen Behandlungsvorschlag in der Medizin. Generative KI erstellt auf Grundlage von Daten vielmehr eigene Daten: neue Texte, Bilder, Videos, Musik, Grafiken, Computercode und vieles mehr. Auch auf diese Daten kann KI zugreifen, neue Daten generieren und so weiter. Generative KI schafft also ganz eigene Ableitungen von Realität.

Die Ausführung dieser Fähigkeiten beruht auf statistischen Modellen. ChatGPT zum Beispiel berechnet auf Grundlage seiner Trainingsdaten eine Wahrscheinlichkeit, mit der Worte aufeinander folgen und baut Texte aufgrund dieser Wahrscheinlichkeiten auf. Wirklich frei ist dieser Schreibprozess also nicht.

Unter die Haube geblickt: Wie funktioniert ChatGPT genau? Wie lernt eine Maschine? Und wie intelligent ist das alles wirklich? Diesen Fragen geht das Erklärvideo der Plattform Lernende Systeme nach. (CC BY-NC-ND 3.0 DE)

Kurz vorgestellt: Begriffe rund um KI

Wenn über Künstliche Intelligenz gesprochen wird, fallen immer wieder Wörter wie „Algorithmus“, „maschinelles Lernen“ oder „Deep Learning“. Aber was genau hat es mit diesen Begriffen auf sich?

Ein Algorithmus ist eine Schritt-für-Schritt-Anleitung für einen Computer, um ein klar definiertes Problem zu lösen. Er beruht auf einer Programmierung, also einem Code, der von Programmiererinnen und Programmierern vorgegeben wird. Ein Algorithmus sorgt zum Beispiel im Alltag dafür, dass uns Navigationsgeräte den kürzesten Weg zu einem Ziel zeigen.

Ein weiteres Beispiel ist der Empfehlungsalgorithmus einer Streaming-Plattform. Basierend auf Suchverläufen anderer Personen schlägt uns der Algorithmus weitere Musik oder Serien vor, die uns gefallen könnten. Solche Algorithmen sollen für Userinnen und User die Suche nach für sie relevanten Inhalten vereinfachen – und Verkäufe steigern, wovon wiederum die Plattformen profitieren.

Beim maschinellen Lernen werden Maschinen so programmiert, dass sie in der Lage sind, aus bestimmten Daten Muster oder Zusammenhänge zu erkennen. Ein Beispiel hierfür ist der Algorithmus zur Spam-Erkennung im E-Mail-Postfach. Das System muss lernen, wie es unter ankommenden E-Mails Spam-Inhalte erkennt. Dafür wird es in der Lernphase mit wahnsinnig vielen E-Mails gefüttert. Anschließend melden IT-Fachleute oder Nutzerinnen und Nutzer dem System zurück, ob es eine Spam-E-Mail richtig erkannt hat oder nicht. Je nach Erfolg, passt sich das System an und erkennt Spam in Zukunft präziser. Schließlich hat das System aus den Daten selbst ein Regelwerk oder Modell erzeugt, ohne dass der Mensch dieses explizit vorgegeben hat.

Neuronale Netze kommen im menschlichen Gehirn vor und sorgen dafür, dass wir denken und schlussfolgern können. Dort verarbeiten Milliarden von verknüpften Nervenzellen, was um uns herum passiert. Beim maschinellen Lernen wird dieser Aufbau des menschlichen Gehirns durch künstliche neuronale Netze vereinfacht nachgebildet. Die Funktionsweise ist ähnlich: Bekommt das System einen bestimmten Input (zum Beispiel Gesundheitsdaten wie die Blutwerte oder die Körpertemperatur einer Person), werden die Informationen miteinander verknüpft und analysiert und schließlich ein entsprechender Output erzeugt (etwa „krank“ oder „gesund“).

Unter Deep Learning versteht man einen Teilbereich des maschinellen Lernens, bei dem besonders große Datenmengen und künstliche neuronale Netze zum Einsatz kommen. Dort können bestimmte Systeme bereits erkannte Muster und Zusammenhänge auf weitere Bereiche übertragen. Der Mensch greift hier nicht mehr in den eigentlichen Lernvorgang ein, diesen übernimmt die Maschine. Das ermöglicht, dass besonders große Datenmengen in kurzer Zeit verarbeitet werden. Daher findet Deep Learning vor allem bei besonders komplexen Problemstellungen Anwendung, zum Beispiel bei der Erkennung von Krebszellen.

Kurz diskutiert: Warum ist KI ein Thema, das uns alle betrifft?

Technisch betrachtet erweitert Künstliche Intelligenz die Möglichkeit, Maschinen autonom Aufgaben bewältigen zu lassen, die bisher dem Menschen vorbehalten sind. Das euphorisiert Teile von Wirtschaft und Gesellschaft, macht vielen Menschen aber auch Angst; um den eigenen Arbeitsplatz oder davor, dass sich eine Technologie nun anschickt, die Weltherrschaft zu übernehmen.

Bislang ist unklar, welche Arbeit absehbar nur noch von KI erledigt wird und welche Arbeit dafür gegebenenfalls neu entsteht. Bereits bei der Automatisierung und der Digitalisierung haben sich viele Prognosen als unzutreffend erwiesen. Dass sich KI von ihren Schöpferinnen und Schöpfern emanzipiert und die Menschheit unterwirft, ist heute ein eher undenkbares Szenario.

Viel wichtiger bei der Diskussion um KI ist daher, welche tatsächlichen Risiken und auch Chancen diese für unsere Gesellschaft birgt. Insbesondere die generative KI kann unser Verhältnis zur Realität und unsere Beziehungen zur Welt verändern – und dies kann unter Umständen gravierende Folgen für unser offenes und demokratisch verfasstes Gesellschaftssystem haben.

Chancen

KI übertrifft menschliche Fähigkeiten oft bei Weitem. Zum Beispiel kann sie in Röntgenbildern frühzeitig Hinweise auf Krebserkrankungen erkennen, die auch erfahrene Ärztinnen und Ärzte übersehen würden. Manche Fachleute erhoffen, dass KI-Anwendungen einen Beitrag leisten können, um gesellschaftliche Herausforderungen wie den Klimawandel oder eine alternde Bevölkerung besser bewältigen zu können. In vielen Bereichen der Wirtschaft und in der Politik gilt KI als eine zentrale Technologie für die Zukunft, die zahllose Innovationen hervorbringen wird sowie Wirtschaftswachstum und höhere Produktivität verspricht.

Risiken

Andererseits birgt KI ungelöste rechtliche und ethische Fragen. Bereits heute wird KI missbraucht, um digitale Fotos und Videos zu manipulieren. Sogenannte „Deep Fakes“ können dazu dienen, Falschinformationen zu verbreiten und die öffentliche Meinung zu beeinflussen. Gefälschte Videos, Bilder und Stimmdateien lassen sich nun mit wenigen Klicks erzeugen und digital verbreiten.

Mehr zum Umgang mit Fake News finden Sie in unserem Themenspecial Newsroom 4.0.

Künstliche Intelligenz wird auch bereits beim Militär eingesetzt, zum Beispiel, um Ziele zu erfassen. Künftig könnten autonome Waffensysteme selbstständig Ziele suchen und töten. Oft diskutiert werden ethische Fragen auch im Zusammenhang mit selbstfahrenden Autos. Was ist, wenn eine KI die Insassen schützen will, dafür aber den Wagen in eine Menschengruppe auf dem Gehweg steuert?

Kurz gefragt: Wie wollen wir künftig leben?

Fest steht: Der Wandel durch KI hat begonnen. Aufhalten lässt er sich nicht. Nicht erst seit der Freigabe von ChatGPT im November 2022 arbeiten unzählige Organisationen und Unternehmen an KI-Anwendungen, beispielsweise für automatisch geschriebene Webtexte, Chatbots oder Übersetzungsprogramme.

Dem Wettbewerbsvorteil wachsender Effizienz wird sich kaum jemand entziehen können, so wie es heute für viele undenkbar geworden ist, den Alltag ohne Internet, Social Media oder Web-Kartendienste zu organisieren. Umso wichtiger ist es, die KI-Entwicklung mit ihren Vor- und Nachteilen genau zu kennen – und die Antwort auf die Frage: Wie wollen wir künftig mit der Künstlichen Intelligenz leben? 

Kurz vorausgeschaut: Wie lässt sich der Einsatz von KI regulieren?

Regulierung ist politischer Wille, formuliert in Abkommen, Gesetzen und Verordnungen, die durch die Exekutive verbindlich vollzogen werden müssen. KI ist Technik, Regulierung aber betrifft Verhalten. Ihr Ziel sind Menschen, hier vor allem: die Anwenderinnen und Anwender von KI. Sie arbeiten häufig in global agierenden Tech-Konzernen, aber auch in kleinen und mittleren IT-Betrieben. Das macht die Regulierung von KI zum komplexen Zusammenspiel von internationalen Abkommen, Verordnungen der Europäischen Union (EU) und nationalen Gesetzen.

KI-Regulierung muss vielschichtige internationale Interessen ausbalancieren. Oft genug ist außerdem die Rechtsgrundlage für Regulierung noch unklar. Bis jetzt hat niemand ausdrücklich erklärt, dass die EU für die Regulierung Künstlicher Intelligenz zuständig sein soll oder geregelt, in welchem Umfang sie regulieren darf. Dass sie mit dem „AI Act“ dennoch an einer umfassenden Regulierung arbeitet, leitet sie aus der bisherigen EU-Verfassung und Rechtspraxis her. Die Mitgliedsstaaten haben über den Europäischen Rat zugestimmt, dass KI auch auf europäischer Ebene reguliert werden soll.

Wie entscheidet die EU? Das lässt sich in unserem Themen-Special „Europa? Nachgefragt!“ herausfinden.

Der „AI Act“ der EU ist eines der ersten Gesetzesvorhaben zur Regulierung Künstlicher Intelligenz weltweit. Es soll ermöglichen, die vielfältigen Chancen durch KI zu nutzen und dabei die Risiken einzuhegen. Der Vorschlag der EU-Kommission sieht unter anderem vor, KI nach Risikoklassen einzuordnen. Entsprechend sollen die Entwicklung und Anwendung von KI an unterschiedliche Auflagen gebunden sein. Für KI-Anwendungen, die sich nicht mit grundlegenden Freiheiten und Werten der EU vereinbaren lassen, werden Verbote gelten. Ein Beispiel ist die Gesichtserkennung in Echtzeit im öffentlichen Raum.

Stand des Verfahrens (August 2023): Der Vorschlag der EU-Kommission liegt vor. Europäischer Rat und Europäisches Parlament haben jeweils ihre Stellungnahmen abgegeben. Nun werden die Interessensverbände gehört und der Vorschlag der Kommission überarbeitet.

Zur Website des Regulierungsvorhabens

Unsere Publikationen zum Thema

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Prinzip Mensch

Wer entscheidet im Zeitalter Künstliche Intelligenz über unsere Zukunft? Das Buch beschäftigt sich mit einem Weltbild, das der Digitalisierung zugrunde liegt und das mit "Künstlicher Intelligenz" Technik an die Stelle des Menschen setzen will.

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Die Machtprobe

Über soziale Medien verbreiten sich Theorien und Meinungen schneller und erreichen mehr Menschen als je zuvor. Der Journalist Thomas Ammann hat den Aufstieg der sozialen Medien von Anfang an begleitet und zieht mit diesem Buch Bilanz. Dabei geht er auch auf die Macht der Algorithmen und die Auswirkungen von Datensammlungen durch Unternehmen und Staaten ein.

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Die Psychologie des Postfaktischen

In diesem Buch werden in 18 Kapiteln Phänomene der Kommunikation im digitalen Zeitalter vorgestellt und die psychologischen Hintergründe anhand von wissenschaftlichen Theorien und Analysen erörtert. Auch Algorithmen und Big Data und deren Implikationen für unsere Gesellschaft werden in diesem Werk in den Blick genommen.

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