Grafik von Frauensilhouetten und dem NRW-Wappen

NRWegbereiterinnen: Frauen aus NRW gehen ihren Weg

Die Geschichte Nordrhein-Westfalens ist vor allem die Geschichte der Menschen, die hier leben. Auf dieser Seite wollen wir einen Blick auf einige Frauen werfen, die mit ihrem starken Einsatz in Nordrhein-Westfalen und darüber hinaus Geschichte geschrieben haben.

Die Liste ist selbstverständlich nicht vollständig. Die hier Benannten sind lediglich einige Beispiele für Frauen, die in und für Nordrhein-Westfalen in Politik und Gesellschaft aktiv geworden sind. 

Veröffentlichung: März 2021
Letzte Aktualisierung: März 2024

Zum Schutz der Kinder: Elisabeth Trube-Becker

Als erste weibliche Professorin für Rechtsmedizin in Deutschland setzte sich die Düsseldorferin Elisabeth Trube-Becker (1919-2012) für die Menschenrechte von Kindern ein. So änderte sie für das Rheinland das Vorgehen, wenn Kinder mit ungeklärter Todesursache verstarben. Ab den 1950er-Jahren wurden diese Obduktionen alle von der Rechtsmedizin durchgeführt. Als Folge wurden weit mehr Fälle von Kindesmisshandlung bekannt als zuvor. Ihre Aufklärungsarbeit gegen die Misshandlung von Kindern durch die eigenen Eltern rief enorme Widerstände hervor. Elisabeth Trube-Becker gab jedoch nie auf und erreichte eine immer größere Sensibilisierung bei ärztlichem Fachpersonal und in den Medien. Durch das frühe Erkennen von überforderten Eltern können bis heute zahlreiche Kinder vor Gewalt geschützt werden. Für ihren Einsatz wurde Elisabeth Trube-Becker 2022 posthum der Preis für Kindeswohl der „Düsseldorfer Jonges“ und der Stiftung „Jugend- und Kinderhospiz Regenbogenland“ verliehen.

Frauen sichtbar machen: Luise F. Pusch

Die 1944 in Gütersloh geborene Sprachwissenschaftlerin Luise F. Pusch macht seit den 1970er-Jahren auf die Unterrepräsentation von Frauen und ihren Geschichten aufmerksam. Als eine der Begründerinnen der feministischen Linguistik in Deutschland ist ihr insbesondere die geschlechtergerechte Sprache ein Anliegen. Die Gender-Pause im Deutschen („Glottisschlag“) geht auf sie zurück. Neben ihrer sprachwissenschaftlichen Tätigkeit schreibt und veröffentlicht sie Bücher, in denen – fiktive oder reale – weibliche Personen im Mittelpunkt stehen. Frauen sichtbar zu machen ist ihr ein großes Anliegen – auch außerhalb von Sprache und Literatur. Deshalb gründete sie die FemBio-Datenbank, die über 30.000 biografische Einträge zu bedeutenden Frauen weltweit umfasst. Ein Teil der Datensätze ist online abrufbar.

Gegen Krebs und Corona: Özlem Türeci

Die 1967 in Siegen geborene Medizinerin und Unternehmerin Özlem Türeci machte 2020 weltweit Schlagzeilen, als das von ihr und ihrem Ehemann Uğur Şahin gegründete und geführte Unternehmen BioNTech einen mRNA-basierten Impfstoff gegen COVID-19 entwickelte. Durch diese Impfung konnten weltweit unzählige schwere Corona-Verläufe und Todesfälle vermieden werden. Die mRNA-Technologie erforschte die Immunologin ursprünglich, um eine neue Behandlungsmethode gegen Krebs zu ermöglichen. Im Februar 2023 gab Özlem Türeci bekannt, dass ein Impfstoff gegen Krebs schon bald verfügbar sein könnte. Dieses Mittel soll begleitend zur herkömmlichen Krebstherapie eingesetzt werden, um insbesondere die Wahrscheinlichkeit eines Rückfalls zu minimieren. Sollte dieser Impfstoff so wirksam sein wie es erste Studien hoffen lassen, wird er ein weiterer Beitrag Türecis im Kampf gegen schwere Krankheiten sein. Türeci nahm 2022 als stimmberechtigtes Mitglied der Bundesversammlung an der Wahl des Bundespräsidenten teil.

Mutige Retterin: Käthe Overrath

Jüdische Bürgerinnen und Bürger zu verstecken konnte zu Zeiten des Nationalsozialismus das Leben kosten. Käthe Overath (1926-1995) und ihre Eltern hielt dies aber nicht davon ab, eine befreundete Familie vor der Deportation zu bewahren. Sie bewies besonderen Mut, als sie sich 1944 Zugang zum „Judenlager“ Köln-Müngersdorf verschaffte und mit dem Ehepaar Bernauer im Arm einfach wieder herausmarschierte. Die Judensterne an der Kleidung der beiden hatte sie zuvor versteckt. Gemeinsam mit ihrer Mutter verbarg Käthe Overrath die Familie Bernauer bei sich zu Hause. Als Denunziationen immer häufiger wurden, brachte Käthe Overrath die jüdische Familie mitten in der Nacht auf einem Pferdewagen und unter Planen versteckt zur befreundeten Bauernfamilie Weeg. Für ihre mutige Rettung wurde Käthe Overrath 1978 mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Von der israelischen Holocaust-Gedenkstätte „Yad Vashem“ wurde Käthe Overrath, ihren Eltern und dem Ehepaar Weeg 1990 der Titel „Gerechte unter den Völkern“ verliehen. Mehr zu ihrer Geschichte lesen Sie auf der Website des LVR.

Grande Dame der Liberalen: Hildegard Hamm-Brücher

Die 1921 in Essen geborene Hildegard Hamm-Brücher prägte über 50 Jahre die Politik in Deutschland als langjährige Bundestagsabgeordnete (1976–1990), Staatsministerin im Auswärtigen Amt (1976–1982) sowie als Kandidatin für das Amt des Bundespräsidenten (1994). Ihre politische Karriere startete 1948 in München – und sie blieb dieser Stadt bis zu ihrem Tod am 7. Dezember 2016 treu. 1995 wurde ihr als erster Frau die Ehrenbürgerschaft der Stadt verliehen. Noch im hohen Alter setzte sich Hamm-Brücher für Gesellschaft und Demokratie ein. Mit dem von ihr geschaffenen „Hildegard Hamm-Brücher-Förderpreis für Demokratie lernen und erfahren“ wird seit 2009 das Engagement alter und junger Menschen für Bildung und Demokratie gewürdigt. Die von ihr 2010 gegründete Stiftung „Münchner Bürgerpreis für Demokratie – gegen Vergessen“ fördert insbesondere Projekte junger Menschen, die Demokratie fördern, Zeichen gegen Rechtsextremismus und Ausgrenzung setzen und Beiträge zur Erinnerungskultur leisten.

Erste Oberbürgermeisterin: Luise Albertz

Die SPD-Politikerin Luise Albertz (1901-1979) wurde 1946 zunächst für zwei Jahre zur Oberbürgermeisterin von Oberhausen – und damit zur ersten weiblichen Oberbürgermeisterin einer deutschen Großstadt. Überparteiliche Anerkennung brachte Albertz auch ihr Engagement als Vorsitzende des Petitionsausschusses des Bundestages, dem sie später angehörte, ein. Oberhausen blieb sie aber treu und war dort erneut von 1956 bis zu ihrem Tode 1979 Oberbürgermeisterin. Mehr zu ihrer Geschichte lesen Sie auf der Website des LVR. Übrigens: heute stehen an den Spitzen der deutschen Rathäuser immer noch nur rund zehn Prozent Frauen (zur EAF Studie von 2020).

Revolutionärin des Tanzes: Pina Bausch

Die geborene Solingerin Pina Bausch (1940-2009) revolutionierte durch die von ihr entwickelte Form des Tanztheaters die Choreografie ihrer Zeit und beeinflusst bis heute die internationale Tanzszene. Davon, dass das Publikum bei ihren ersten Stücken laut protestierte, ließ sich Bausch nicht beirren. Charakteristisch für ihr Tanztheater ist die Mischung zwischen verschiedenen Elementen wie Tanz, Gesang, Pantomime, Sprache und Alltagsgesten. Wichtig war ihr Tanz auch als Ausdruck von Gefühlen und Menschlichkeit.
Mehr zur Biografie lesen Sie z.B. auf der Website der Pina Bausch Stiftung.

Engagiert gegen Rassismus: Mevlüde Genç

Fünf Menschen starben, 17 weitere wurden beim rechtsextremistischen Brandanschlag in Solingen 1993 verletzt. Mevlüde Genç (1943 - 2022), die selbst verletzt wurde und zwei Töchter, zwei Enkelinnen und eine Nichte verlor, engagierte sich seitdem gegen Rassismus und für eine offene Gesellschaft. Für ihr Engagement erhielt sie u.a. das Bundesverdienstkreuz und den Verdienstorden des Landes Nordrhein-Westfalen. Seit 2018 verleiht das Land Nordrhein-Westfalen außerdem die Mevlüde-Genç-Medaille für besondere Verdienste um Toleranz, Versöhnung zwischen den Kulturen und um das friedliche Miteinander der Religionen.

Eine Frau fürs Herz: Dilek Gürsoy

Für die 1976 in Neuss geborene Dilek Gürsoy ist schon als kleines Mädchen klar: Sie will Ärztin werden. Als Herzchirurgin führte sie dann 2012 als erste Frau in Europa eine Kunstherz-Implantation durch. Die WDR-Produktion „HerStory“  zeigt u.a., wie Gürsoy ein neues Kunstherz-System für Frauen testet: Denn das Standard-Kunstherz ist auf das Volumen eines durchschnittlichen männlichen Brustkorbs ausgerichtet und kann vielen Frauen nicht helfen. Die Ärztin ist aber nicht nur beruflich engagiert: Sie war Teil der Kampagne #IchDuWirNrw des NRW-Integrationsministeriums, Mentorin bei der Initiative Women into Leadership und Kampagnenbotschafterin in der Deutschlandstiftung Integration. In einem Interview erzählt sie mehr über ihre Erfahrungen in der Männer-Domäne Herzchirurgie.

Für Toleranz und Dialog: Dunja Hayali

Die gebürtige Dattelerin Dunja Hayali (geb. 1974) ist nicht nur ein bekanntes Fernsehgesicht – sie moderiert u.a. das „heute journal“ für das ZDF. Die Moderatorin und Journalistin engagiert sich auch sozial. So ist sie u.a. Unterstützerin des Vereins „Gesicht Zeigen!“, der der sich gegen Rechtsextremismus einsetzt, sowie der „Initiative Respekt! Kein Platz für Rassismus“. Auch für Generation Equality, die Gleichstellungskampagne der UN, ist sie aktiv. Für ihr vielfältiges Engagement für Toleranz und Offenheit hat Hayali den Verdienstorden des Landes Nordrhein-Westfalen sowie das Bundesverdienstkreuz am Bande verliehen bekommen. Mehr über Hayalis Werdegang lesen Sie z.B. auf dem ZDF-Presseportal.

Mutig gegen Unrecht: Marie Kahle

Weil sie Jüdinnen und Juden nach der Reichspogromnacht beim Aufräumen ihrer zerstörten Geschäfte half, wurde Marie Kahle (1893-1948) wegen „volksverräterischer Taten“ angezeigt und die gesamte Familie von Presse und Gestapo unter Druck gesetzt: Marie Kahles Sohn, der ebenfalls half, verlor seinen Studienplatz und ihr Mann seine Professur. Kurz bevor Kahle 1939 die Deportation ins Konzentrationslager drohte, gelang der Familie die Flucht nach Großbritannien. Ihre Erlebnisse beschrieb Kahle später in dem Buch: „What would you have done?“. Mehr über ihre Geschichte lesen Sie auch auf der Website des LVR.

Pionierin der Lüfte: Rita Maiburg

Selbst heute gibt es nur wenige Flugzeugpilotinnen – in den 1970ern aber gab es fast gar keine. Die Bonnerin Rita Maiburg (1952-1977) schrieb daher mit der Erfüllung ihres Berufswunsches Geschichte: Nachdem die Lufthansa ihre Bewerbung als Linienflugpilotin abgelehnt hatte, versuchte Maiburg gerichtlich dagegen vorzugehen. Die Prozesse gegen die Lufthansa und die Bundesrepublik Deutschland als damaligen Mehrheitseigner verlor sie. Aber zu ihrem Ziel gelangte sie trotzdem: Die Deutsche Luftverkehrsgesellschaft (DLT) stellt sie als weltweit zweite weibliche Flugkapitänin im regulären Liniendienst ein. Über ihr Leben gibt es auch einen Roman (zum Artikel auf der Website der Süddeutschen).

Die Mütter des Grundgesetzes: Frieda Nadig, Helene Weber und Helene Wessel

Eine demokratische Verfassung für die Bundesrepublik Deutschland schreiben – das war die Aufgabe des Parlamentarischen Rats, der 1949 das Grundgesetz verkündete. Neben 61 Männern gehörten damals nur vier Frauen dem Gremium an. Drei von ihnen kamen aus NRW: Frieda Nadig (1897-1970, SPD), Helene Weber (1881-1962, CDU) und Helene Wessel (1898-1969, Zentrum, später SPD). Die drei Frauen waren bereits in der Weimarer Republik politisch engagiert und gewählte Vertreterinnen in regionalen Parlamenten. Auch dank dieser drei Frauen steht in Artikel 3, Abs. 2 des Grundgesetzes: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt.
Mehr erfahren Sie in einer Broschüre der Landeszentrale Baden-Württemberg.

Kritische Theologin: Uta Ranke-Heinemann

1970 wird Uta Ranke-Heinemann (1927-2021) die weltweit erste Professorin in katholischer Theologie – eine Revolution in der 2.000-jährigen Kirchengeschichte. Weil sie jedoch kirchliche Dogmen hinterfragt und die Jungfrauengeburt nicht als biologisch verstehen will, wird ihr die Lehrerlaubnis 1987 wieder entzogen. Ranke-Heinemann hindert das nicht daran, sich weiter kritisch mit ihrer Kirche auseinanderzusetzen: Ihr Buch „Eunuchen für das Himmelreich“, in dem sie die Sexualmoral der katholischen Kirche kritisiert sowie Frauen- und Homofeindlichkeit anprangert, wird zum Bestseller. Bis ins hohe Alter engagiert sich Ranke-Heinemann außerdem in der Friedensbewegung und der humanitären Hilfe. Mehr zu ihrem Leben im Nachruf der Tagesschau.

Wissen macht Engagement: Shary Reeves

Shary Reeves (geb. 1969) – die Kölnerin kennen viele als Gesicht der WDR-Produktion „Wissen macht Ah!“, die sie gemeinsam mit Ralph Caspers von 2001 bis 2017 moderierte. Doch Reeves ist nicht nur Moderatorin: Als Fußballerin stand sie im Kader des deutschen U16-Nationalteams. Über den Rassismus, den sie in ihrer Zeit als Profi-Fußballerin erlebte, berichtet sie in der Dokumentation „Schwarze Adler". Ihre eigene Moderation der BR-Sendung „Brennpunkt Rassismus“ wurde 2021 mit dem bayerischen Fernsehpreis ausgezeichnet. Für ihr langjähriges ehrenamtliches Engagement, u.a. als Botschafterin der Stiftung Deutsche Kinderkrebshilfe und der Kindernothilfe erhielt Reeves bereits 2016 den Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland (zur Pressemitteilung des WDR).

Politikerin der ersten Stunde: Christine Teusch

Die Kölnerin Christine Teusch (1888-1968) war bereits früh politisch engagiert, zunächst im Zentrum und später in der CDU: 1919 wurde sie mit 31 Jahren als jüngstes Mitglied– und als nur eine von wenigen Frauen – in die Weimarer Nationalversammlung gewählt. Während der Jahre der NS-Herrschaft stand sie dem „Kölner Kreis“, einer katholischen Widerstandsgruppe, nahe. Nach Kriegsende wurde Teusch 1947 zur Kultusministerin Nordrhein-Westfalens und damit (nach Martha Fuchs) zur zweiten Ministerin im westlichen Nachkriegsdeutschlandüberhaupt - auch gegen Widerstände aus ihrer Partei und den Kirchen. Als Leiterin der Kultusministerkonferenz gründete Teusch später unter anderem die „Studienstiftung des Deutschen Volkes” und den „Deutschen Akademischen Austauschdienst“ mit. Für ihre Arbeit wurde sie 1956 als erste Frau mit dem Großen Verdienstkreuz mit Stern und Schulterband der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet. Mehr zu Ihrer Geschichte lesen Sie auf der Website des LVR.