Kritik aus NRW: Ist die Cannabis-Legalisierung der richtige Schritt?

21.04.2023 - Themenbereiche: Jugend, Nordrhein-Westfalen, Politik
Nahaufnahme einer Cannabis-Pflanze

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Kurzfassung

„10 Gramm Cannabis bitte“: Bestellungen wie diese werden in Deutschland wohl bald nicht mehr dem Schwarzmarkt vorbehalten sein. Nach den Vorankündigungen des Ampel-Koalitionsvertrags haben Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und Bundesagrarminister Cem Özdemir (Grüne) ihr Vorhaben, Cannabis zu legalisieren, in einem zweiten Eckpunktepapier weiter verdichtet: Noch vor Jahresende soll Erwachsenen der eingeschränkte Erwerb, Konsum und Anbau von Cannabis straffrei ermöglicht werden. Die Regierung plant, den begrenzten Verkauf über nicht gewinnorientierte Vereine zu erlauben – über sogenannte „Social Clubs“. Zudem sind regionale Modellprojekte geplant, um weitere „kommerzielle Lieferketten“ auszuloten. Der zunächst angekündigte flächendeckende Verkauf durch lizenzierte Fachgeschäfte liegt mit Blick auf europarechtliche Bedenken zwar vorerst auf Eis. Dennoch stößt das Berliner Eckpunktepapier in NRW auf harsche Kritik.

„Cannabis-Legalisierung ist medizinisch und pharmazeutisch nicht vertretbar“

NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) steht einer Legalisierung von Cannabis grundsätzlich kritisch gegenüber und warnt vor den Gesundheitsgefahren für Jugendliche. Ebenso betrachten die nordrhein-westfälischen Apotheken die Pläne der Bundesregierung mit Sorge. Zwar geben diese das Rauschmittel bereits seit 2017 auf ärztliche Verordnung ab. Doch eine Abgabe als Genussmittel lehnt der Chef des Apothekerverbands Nordrhein, Thomas Preis, entschieden ab: „Auch dieabgespeckte Version der Cannabis-Legalisierung ist medizinisch und pharmazeutisch nicht vertretbar“, appelliert er in der RHEINISCHEN POST.

Befürworter der Legalisierung verweisen dagegen etwa auf die erheblichen Kosten der Strafverfolgung von Cannabis-Delikten. Laut einer Studie des Düsseldorf Institute for Competition Economics (DICE) aus dem Jahr 2021 könnte eine Legalisierung den Strafverfolgungsbehörden und der Justiz jährlich Kosten von rund 1,5 Milliarden Euro einsparen.

Ist die geplante Cannabis-Legalisierung also der richtige Schritt?

Acht Perspektiven

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„Cannabis-Pläne: Lauterbach löst ein Versprechen ein“

Westdeutsche Allgemeine Zeitung (WAZ), 12.04.2023 - Theresa Martus

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Die Perspektive in 30 Sekunden

Cannabis muss entkriminalisiert werden, meint Theresa Martus, Korrespondentin für bundespolitische Themen. Mit ihren Plänen stelle die Regierung sich endlich der Realität in Deutschland: „In Deutschland wird gekifft. Auf dem Land, in der Stadt, quer durch alle Milieus und Bundesländer“, hebt die Journalistin in der WESTDEUTSCHEN ALLGEMEINEN ZEITUNG (WAZ) hervor.

Noch immer sei Cannabis die am häufigsten konsumierte illegale Droge in Deutschland: Laut Daten des Bundesministeriums für Gesundheit haben in den vergangenen zwölf Monaten viereinhalb Millionen Menschen mindestens einmal gekifft – in NRW sind es rund 10 Prozent. „Von einem Nischenphänomen kann also keine Rede sein“, betont Martus. Doch die bisherige Gesetzeslage und das Alltagserleben vieler Menschen klaffe bisher weit auseinander.

Dass sich das jetzt ändert, hält Martus für überfällig. „Der Vorschlag der Koalition nimmt Bürgerinnen und Bürger ernst und traut ihnen zu, Risiko und Rausch bei Cannabis ebenso eigenständig gegeneinander abzuwägen, wie das bei Alkohol als selbstverständlich gilt“, lobt sie. Die Teil-Legalisierung macht in ihren Augen Hoffnung auf eine ehrlichere, konstruktivere Diskussion über Drogenkonsum und Suchtgefahren.

Anmerkungen der Redaktion

Theresa Martus ist Korrespondentin für bundespolitische Themen in der Funke-Zentralredaktion in Berlin. Dort hat sie nach ihrem Studium der Amerikanistik, Soziologie und Journalistik auch ihr Volontariat absolviert. Seit 2017 arbeitet sie als Korrespondentin für bundespolitische Themen und beschäftigt sich hauptsächlich mit Klimapolitik und den Grünen.

Die WESTDEUTSCHE ALLGEMEINE ZEITUNG (WAZ) ist die größte deutsche Regionalzeitung. Erstmals erschien sie im Jahr 1948. Ihr Hauptsitz ist in Essen, sie erscheint jedoch im gesamten Ruhrgebiet. Im Laufe der Jahre wurden mehrere andere Zeitungen aufgekauft und die „Zeitungsgruppe WAZ“ entstand, die 1997 in „WAZ-Mediengruppe“ umbenannt wurde. Heute wird die WAZ von der Funke-Mediengruppe herausgegeben. Überregionale Themen werden von der Zentralredaktion in Berlin bearbeitet. Wie zahlreiche andere Zeitungen hat auch die WAZ-Mediengruppe stark mit sinkenden Auflagezahlen zu kämpfen. Im dritten Quartal 2022 lag diese bei rund 389.000 verkauften Exemplaren, zu Beginn des Jahrtausends waren es noch knapp dreimal so viele. Dennoch ist die WAZ nach wie vor die größte regionale Tageszeitung in Deutschland.

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„Legalisierung light ist besser als gar nichts“

Wirtschaftswoche (WIWO), 12.04.2023 - Jürgen Salz

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Die Perspektive in 30 Sekunden

Der Redakteur Jürgen Salz findet die Cannabis-Pläne der Regierung sinnvoll. Zwar handele es sich angesichts der strengen EU-Regeln lediglich um eine „Legalisierung light“. Doch diese sei besser als gar nichts: „Denn die bisherigen Verbote haben auch wenig gebracht“, konstatiert er in der Wochenzeitung WIRTSCHAFTSWOCHE (WIWO).

Es sei an der Zeit, dem Schwarzmarkt etwas entgegenzusetzen, Polizei und Gerichte zu entlasten und Jugendliche besser vor Cannabis zu schützen – auch durch bessere Qualitätskontrolle und weniger Verunreinigungen. „Das vorgestellte Eckpunktepapier kann der Einstieg in eine neue Cannabis-Politik werden, die nötig ist, nachdem die bisherige Verbotspolitik zu wenig geführt hat“, so Salz.

Zwar werde die geplante Gesetzesänderung die Dealer wohl „nicht in Scharen von öffentlichen Plätzen vertreiben“ – zumal das Eckpunktepapier noch viele Fragen offenlasse. Doch große Veränderungen seien nun mal nicht über Nacht zu erzwingen: „Besser wäre es (…), wenn sich die Regierung bei dem sensiblen Thema im Zweifel mehr Zeit nehmen würde“, rät der Redakteur.

Anmerkungen der Redaktion

Jürgen Salz ist Redakteur im Ressort Unternehmen & Märkte bei der WIRTSCHAFTSWOCHE. Dort schreibt er hauptsächlich über Themen zu Pharma- und Chemieindustrie. Er hat BWL studiert und die Georg-von-Holtzbrinck-Schule für Wirtschaftsjournalisten absolviert. Für die WIRTSCHAFTSWOCHE schreibt Salz seit 1995. Zuvor war er rund 4 Jahre lang für die VDI NACHRICHTEN tätig. Artikel von ihm erscheinen auch im HANDELSBLATT oder in der ZEIT.

Die WIRTSCHAFTSWOCHE ist eine seit 1926 bestehende überregionale Wochenzeitung mit Sitz in Düsseldorf, deren verkaufte Auflage zuletzt bei etwas über 130.000 lag (4/2022). Sie erscheint im Handelsblatt Verlag, der mit dem HANDELSBLATT eine weitere renommierte Wirtschaftszeitung herausgibt. In ihrer Ausrichtung gilt die Zeitung als wirtschaftsliberal. Die WIRTSCHAFTSWOCHE gehört zu den Pflichtblättern an den Börsen in Düsseldorf und Frankfurt und erfährt Aufmerksamkeit vor allem über ihre Berichterstattung mit Rankings, etwa zu Hochschulen oder Städten. Der Vermarkter Iq Media zeichnet die Hauptzielgruppe der WIRTSCHAFTSWOCHE als männlich, mittelständisch und überdurchschnittlich wohlhabend.

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„Endlich langfristig gedacht“

Tagesschau.de, 12.04.2023 - Bianca Schwarz

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Die Perspektive in 30 Sekunden

„Dass Cannabis freigegeben werden soll, ist eine gute Nachricht“, kommentiert die Hauptstadtkorrespondentin Bianca Schwarz. Die Journalistin sieht in den Eckpunkten zur Legalisierung einen großen Wurf: „[H]ier wird endlich mal langfristig und groß gedacht, an eine EU-weite Regelung nach deutschem Vorbild“, schreibt Schwarz auf dem Online-Nachrichtenportal TAGESSCHAU.DE.

Die bisherige Politik habe Millionen von Menschen kriminalisiert und ihre Gesundheit durch verunreinigte Ware gefährdet. Diese „Vogel-Strauß-Politik“ kann endlich durch die neuen Pläne beendet werden, glaubt Schwarz – und zwar auch, wenn das Konzept mit „Social Clubs“ und regionalen Modellversuchen zunächst kompliziert klinge. Die Journalistin ist überzeugt: Damit eine EU-weite Regelung kommen kann, muss es erst mal kompliziert sein. „Weil nach EU-Recht Cannabis verboten ist.“

Doch die Bundesregierung wolle mehr erreichen als etwa die Niederlande, Luxemburg und Portugal: „[S]ie alle haben sich Gesetzeslücken gesucht, in deren Rahmen sie Cannabis irgendwie (…) verkaufen können“, merkt Schwarz an. Deutschland dagegen wolle eine Vorreiterrolle einnehmen und andere EU-Länder davon überzeugen, mitzumachen. „Das ist ein guter Plan, weil er zukunftsorientiert ist“, resümiert Schwarz.

Anmerkungen der Redaktion

Bianca Schwarz arbeitet für den HESSISCHEN RUNDFUNK (HR). Für diesen ist sie als Korrespondentin im Hauptstadtstudio der ARD tätig. Sie beschäftigt sich in der deutschen Parteienlandschaft hauptsächlich mit der AfD und den Linken, setzt ihre Themenschwerpunkte zusätzlich auch bei Innenpolitik, Justiz, Bildung und Forschung. Sie moderiert außerdem im Kultursender HR2.

Das Online-Nachrichtenportal TAGESSCHAU.DE wurde 1996 veröffentlicht und diente zunächst als begleitendes Infoportal zur gleichnamigen Nachrichtensendung der ARD und anderer Nachrichtenangebote von ARD AKTUELL. Heute ist TAGESSCHAU.DE eine der meist aufgerufenen Informationsplattformen, eine Nachrichten-App und ein eigenständiges Medienangebot. Laut eigenen Angaben verzeichnet die Seite etwa 157 Millionen Seitenaufrufe pro Monat. Die Redaktionsleitung hat Juliane Leopold inne, die auch Chefredakteurin Digitales bei ARD-Aktuell ist. Seit 2017 ist über die Website auch das Onlineportal FAKTENFINDER aufrufbar, das Falschinformationen sammelt und einordnet.

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„Feldversuch am kiffenden Bürger“

Die Welt, 12.04.2023 - Andreas Macho

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Die Perspektive in 30 Sekunden

Der Reporter Andreas Macho hält das Eckpunktepapier der Bundesminister Karl Lauterbach (SPD) und Cem Özdemir (Grüne) für wenig durchdacht. Statt konkreter Pläne präsentiere das Duo vor allem Stückwerk, kritisiert er in der Tageszeitung DIE WELT. Macho prophezeit: „So wird sich der Schwarzmarkt nicht austrocknen lassen.“

Macho befürchtet, dass das vorgestellte Konzept nicht ausreicht, um eine kontrollierte Lieferkette aufzubauen. Denn dem Versprechen aus dem Koalitionsvertrag, Cannabis in lizenzierten Geschäften zu verkaufen, komme die Bundesregierung mit der Abgabe über sogenannte „Social Clubs“ nicht nach. Für Unternehmen, die sich seit dem Koalitionsübereinkommen auf die Legalisierung vorbereiten, sei somit weiterhin nicht absehbar, welche Geschäftsmodelle zulässig sein werden. „Damit verprellt Lauterbach aber eine Industrie, die er für seine Legalisierungspläne benötigt, um den Dealer an der Ecke arbeitslos zu machen“, so der Journalist.

Ohne Unternehmen, die sich auf Anbau und Vertrieb spezialisieren, sei eine sichere Produktion nicht zu garantieren. Doch ihnen bietet Lauterbach keine ausreichende Perspektive, findet Macho. „Ob sich der Schwarzmarkt mit dem vorgelegten Stückwerk tatsächlich austrocknen lässt, wird nun zum Feldversuch am kiffenden Bürger“, mahnt er.

Anmerkungen der Redaktion

Andreas Macho arbeitet als Reporter für „Wirtschaft und Innovationen“ bei der WELT. Zuvor war er rund sieben Jahre als Redakteur im Investigativ-Team der WIRTSCHAFTSWOCHE in Frankfurt tätig. Er hat Germanistik und Publizistik studiert und eine Ausbildung an der Georg von Holtzbrinck-Schule für Wirtschaftsjournalist:innen absolviert. Bevor er zur WELT wechselte, hat er neben der WIRTSCHAFTSWOCHE für den KURIER, DIE ZEIT und den SPIEGEL geschrieben.

DIE WELT ist eine überregionale Tageszeitung mit Sitz in Berlin, die zum Axel-Springer-Konzern gehört. Sie wurde 1946 gegründet und erschien zuletzt in einer verkauften Auflage von rund 89.000 Exemplaren (4/2022). Anfang 2010 lag diese noch bei über 250.000. Chefredakteurin der WELT ist seit dem 1. Januar 2022 Jennifer Wilton. EUROTOPICS bezeichnet die WELT als konservativ. In ökonomischen Fragen positioniert sich die Zeitung meist wirtschaftsliberal. Das Goethe-Institut urteilt, die WELT ziele in ihrer Printausgabe auf „mittelständische Unternehmer und Selbstständige, die konservative Werte schätzen“. WELT-Autor:innen bekennen sich zu den Leitlinien des Axel-Springer-Verlages, die unter anderem ein Eintreten für „die freie und soziale Marktwirtschaft“ sowie Solidarität mit den USA und Israel fordern.

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„Cannabis: Keine Legalisierung für unter 25-Jährige!“

Westdeutscher Rundfunk (WDR), 15.04.2023 - Ralph Sina

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Die Perspektive in 30 Sekunden

Unter 25-Jährigen sollte Cannabis nicht zugänglich gemacht werden, plädiert der Hörfunkjournalist Ralph Sina. Wenn das Rauschmittel legalisiert wird, könne das auch die Zahl der Konsumenten nach oben treiben: „Und damit auch die Zahl der Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die sich das Hirn buchstäblich wegkiffen“, warnt Sina in seinem Kommentar für den WESTDEUTSCHEN RUNDFUNK (WDR).

Dass Cannabis-Konsumenten zukünftig Vereinsmitglieder werden sollen, um die „gern als ‚weich‘ verharmloste Droge“ zu beziehen, findet der Journalist absurd. Zwar gelte in den geplanten „Social Clubs“ eine Beschränkung von täglich 25 Gramm pro Person und maximal 50 Gramm im Monat – für unter 21-Jährige seien es 30 Gramm im Monat. Doch Sina findet: „[D]er pädagogische Zeigefinger kommt da eindeutig zu spät!“ Zudem brauche der Chef eines solchen „Kiffer-Clubs“ noch nicht einmal ein polizeiliches Führungszeugnis. „Da bin ich ja beruhigt!“, überspitzt Sina.

Er hält die Altersgrenze für deutlich zu niedrig. „Auch die eingeschworenen Cannabis-Fans der Ampel-Koalition wissen, dass ein Gehirn erst mit 25 Jahren so weit entwickelt ist, dass es die Nebenwirkungen von Cannabis wohl einigermaßen schadlos verkraftet“, betont der Kommentator. Jungen Erwachsenen die Möglichkeit zu geben, sich schon mit 18 ganz legal „gesundheitlich zu ruinieren“, sei vor allem eines: verantwortungslos. „Ihr seid leider auf dem falschen Trip!“, resümiert er.

Anmerkungen der Redaktion

Ralph Sina ist ein Hörfunkjournalist. Bis 2021 hat er als EU-Korrespondent das WDR/NDR-Studio in Brüssel geleitet. Von 1998 bis 2003 war er ARD-Hörfunkkorrespondent in Nairobi, danach unter anderem Washington-Korrespondent. Er hat in Bochum und Münster Germanistik und Philosophie auf Lehramt studiert. 1986 wurde er Redakteur und Reporter im WDR-Landesstudio Münster. 1992 wechselte Sina in die Kölner WDR-Zentrale und arbeitete dort als Redakteur und Moderator für das WDR2-Morgenmagazin, bis er mit seiner Tätigkeit als Hörfunkkorrespondent begann. Derzeit ist Sina in verschiedenen Medien als Politikexperte anzutreffen: unter anderem beim WDR oder bei PHOENIX.

Der WESTDEUTSCHE RUNDFUNK (WDR) ist die größte der neun Landesrundfunkanstalten der ARD. Er entstand 1956, als sich der NWDR in den NDR und den WDR aufteilte. Die Sendeanstalt hat sechs Radioprogramme und einen Fernsehsender, zu dessen bekanntesten Programmen unter anderem das Politmagazin „Monitor“, die „Sportschau“ oder das Kinderangebot „Die Sendung mit der Maus“ gehören. Laut eigenen Angaben ist der Sender nach Anzahl der Beschäftigten das zweitgrößte Medienunternehmen Europas hinter der BBC. Laut der „Media-Analyse 2021“ erreicht der Fernsehsender des WDR in Deutschland täglich rund 8 Millionen Zuschauer:innen, der Radiosender rund 11 Millionen Zuhörer:innen. Der Webauftritt des WDR hatte im Januar 2023 laut Similarweb rund 14,3 Millionen Besuche zu verzeichnen.

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„Der Joint kreist noch lange nicht“

Rheinische Post (RP), 12.04.2023 - Hagen Strauß

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Die Cannabis-Pläne der Ampel werden der Praxis nicht standhalten, glaubt der Parlamentskorrespondent Hagen Strauß. Anstelle Probleme zu lösen, provoziere das gesamte Vorhaben bislang vor allem neue Schwierigkeiten – und zwar mit einem „Aufwand sondergleichen“. In der RHEINISCHEN POST (RP) attestiert Strauß: „Der Joint kreist noch lange nicht.“

Die Bundesregierung habe unterschätzt, was auf sie zukommen würde, wenn man „zwangloses Kiffen“ ermöglichen will. Fünf Ministerien, mehrere Kommissionen und schließlich die Europäische Union (EU) seien bereits in die Grübeleien involviert gewesen. Und doch werde die Komplexität des Vorhabens mit all seinen Risiken noch lange nicht erfasst – etwa mit Blick auf den Verkehrsbereich. „Der ganze Plan könnte die Murks-Maut der Ampel werden“, so Strauß.

Ein Ende der Diskussionen oder gar der Schwierigkeiten sei noch lange nicht in Sicht. So bleibe bislang etwa offen, wie genau die „Social Clubs“ künftig überprüft werden sollen. Gleichzeitig binde das Vorhaben, Cannabis zu legalisieren, beträchtliche Ressourcen im Regierungsapparat – obwohl es laut Strauß eigentlich Dringlicheres gibt in diesen Tagen. „Da will es so recht eben nicht einleuchten, dass die Koalition beim Cannabis Probleme beseitigen will, in dem sie neue schafft.“

Anmerkungen der Redaktion

Hagen Strauß ist Journalist und Bundespolitischer Korrespondent der Parlamentsredaktion von RP-ONLINE. Zuvor hat er über zwei Jahrzehnte hinweg als Teil eines Korrespondentennetzwerkes für verschiedene regionale Tageszeitungen aus Berlin berichtet. Strauß ist Mitglied der Bundespressekonferenz und berichtet schwerpunktmäßig über die Unionsparteien, sowie die Bildungs- und Verkehrspolitik. Nach einem Politik- und Geschichtsstudium hat er ein Volontariat bei der WESTFÄLISCHEN RUNDSCHAU in Dortmund absolviert.

Die RHEINISCHE POST (RP) ist eine regionale Tageszeitung, die zur „Rheinische Post Mediengruppe“ gehört. Der Schwerpunkt der Berichterstattung liegt auf Nordrhein-Westfalen. Die Zeitung wurde 1946 gegründet und hat ihren Hauptsitz in Düsseldorf. Chefredakteur ist Moritz Döbler. Laut einem Ranking von KRESS.DE war die RHEINISCHE POST die zweitmeist zitierte Regionalzeitung Deutschlands. Die verkaufte Auflage lag im vierten Quartal 2022 bei rund 240.000 Exemplaren. Das entspricht einem Minus von 40 Prozent seit 1998. Trotzdem dominiert die RHEINISCHE POST laut ÜBERMEDIEN den Markt Düsseldorfer Lokalzeitungen und hat andere Lokalangebote weitestgehend verdrängt. Für die Berichterstattung über einen Fall mehrfacher Kindstötung in Solingen hat die RHEINISCHE POST zusammen mit der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG und der BILD eine Rüge des Presserats erhalten. Die RHEINISCHE POST hatte Chatnachrichten eines Kindes veröffentlicht. Die RP gilt als liberal-konservatives Blatt, das politisch der CDU nahesteht. Sie beschreibt sich selbst als „Zeitung für Politik und christliche Kultur“, die für „Demokratie, Freiheit und Menschenwürde“ eintritt.

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„Die Bundesregierung legt eine Light-Version vor“

Deutschlandfunk (DLF), 12.04.2023 - DLF-Redaktion

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Die Perspektive in 30 Sekunden

Wie sieht die heutige Gesetzeslage aus? Und: Was genau soll sich nach dem neuen Eckpunktepapier ändern? Diesen Fragen geht die Redaktion des DEUTSCHLANDFUNKS in einem Überblick nach.

Aktuell verbiete das Betäubungsmittelgesetz zwar nicht den Konsum von Cannabis – jedoch sei der Besitz, Handel und Anbau strafbar. „Wer mit Cannabis erwischt wird, muss zunächst mit dessen Beschlagnahme und einem Ermittlungsverfahren rechnen“, so die DEUTSCHLANDFUNK-Redaktion. Bei größeren Mengen drohe eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe. Bei geringen Mengen, die je nach Bundesland variieren, könne das Gericht inzwischen von einer Strafe absehen. Nach Angaben des Landes NRW liegt dieser Grenzwert in Nordrhein-Westfalen aktuell bei 10 Gramm Cannabis.

Nach den jüngst präsentierten Eckpunkten soll der Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis künftig straffrei bleiben – und zwar bundeseinheitlich. In „nicht-gewinnorientierten“ Vereinen – sogenannten „Social Clubs“ – sollen Mitglieder auch gemeinschaftlich Cannabis anbauen und an Mitglieder abgeben dürfen: Pro Clubmitglied 25 Gramm pro Tag und maximal 50 Gramm pro Monat. Für unter 21-Jährige wird nach den Eckpunkten maximal 30 Gramm pro Monat erlaubt, zudem werde für sie eine Obergrenze beim Wirkstoffgehalt festgelegt. „Social Clubs“ dürfen maximal 500 Mitglieder haben, das Mindestalter liegt bei 18 Jahren, eine Mitgliedschaft in mehreren Vereinen sei verboten.

Auch beim heimischen Anbau sieht das Eckpunktepapier Änderungen vor: Künftig soll der Eigenanbau von maximal drei Pflanzen erlaubt werden, solange diese vor dem Zugriff durch Kinder und Jugendliche geschützt sind. Diese Regelung wirke sich voraussichtlich auch auf vergangene Delikte aus: „Frühere Verurteilungen wegen Besitzes oder Eigenanbaus bis 25 Gramm oder maximal drei Pflanzen können auf Antrag aus dem Bundeszentralregister gelöscht werden“, fügen die Autor:innen hinzu.

Neben den geplanten „Social Clubs“ sollen in Kreisen und Städten mehrerer Bundesländer Modellprojekte initiiert werden, um „kommerzielle Lieferketten“ auszutesten: „von der Produktion über den Vertrieb bis zum Verkauf von Cannabis in Fachgeschäften“, heißt es in dem DEUTSCHLANDFUNK-Beitrag. Das Vorhaben werde als wissenschaftliche Studie durchgeführt – wohl nicht zuletzt, um Vorbehalte der EU-Kommission auszuräumen. Zudem seien die Projekte auf fünf Jahre befristet und auf die Einwohner:innen der jeweiligen Kommunen beschränkt.

Anmerkungen der Redaktion

Der DEUTSCHLANDFUNK ist 1962 als Teil des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gegründet worden. Er ist eines der drei bundesweiten Hörfunkprogramme des DEUTSCHLANDRADIOS und hat einen Wortanteil von 80 Prozent. Das Programm beschäftigt sich besonders tagsüber mit tagesaktuellen Geschehnissen aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft. In den Abendstunden liegt der programmatische Schwerpunkt auf Kulturthemen wie Musik, Hörspielen, Lesungen und entsprechenden Berichten. Der DEUTSCHLANDFUNK sendet klassisch linear, jedoch betreibt er auch eine umfangreiche Audiothek und diverse Podcasts, wo Inhalte auch nicht-linear konsumiert werden können. Laut der Mediaanalyse „ma Audio 2022“ hat der DEUTSCHLANDFUNK in einem abgefragten 4-Wochen-Zeitraum 2022 täglich rund 2,11 Millionen Zuhörer:innen erreicht.

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„So gehen andere europäische Länder mit Cannabis um“

Mitteldeutscher Rundfunk (MDR), 12.04.2023 - MDR-Redaktion

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Die Perspektive in 30 Sekunden

Angesichts der Cannabis-Pläne der Bundesregierung warnen kritische Stimmen vor einem möglichen Drogentourismus in die Bundesrepublik. Wie andere Länder mit der Legalisierung von Cannabis umgehen, hat die Redaktion des MITTELDEUTSCHEN RUNDFUNKS (MDR) zusammengefasst.

Die Niederlande tolerieren den Verkauf von Cannabis seit 1976 in sogenannten „Coffeeshops“: Erwachsene dürfen maximal fünf Gramm am Tag dort kaufen. „Damit sind die Niederlande weltweit Vorreiter einer Tolerierung“, stellen die Autor:innen heraus. Da Großanbau und kommerzieller Handel derzeit noch verboten seien, werde der Handel jedoch über kriminelle Netzwerke abgewickelt.  

In Österreich sei eine Cannabis-Legalisierung derzeit ausgeschlossen, weil der aktuelle Innenminister der Österreichischen Volkspartei (ÖVP), Gerhard Karner, darin einen „völlig falschen Weg“ sehe. „Damit ist das Thema in der aktuellen ÖVP-Grünen-Koalition trotz des Drängens des grünen Juniorpartners vom Tisch“, heißt es in dem Beitrag.

In der Schweiz wurden die Vorschriften zuletzt gelockert: „Das Verbot von Cannabis zu medizinischen Zwecken wurde im August 2022 aufgehoben“, so die MDR-Redaktion. Zudem seien diverse Pilotprojekte zur Abgabe von Cannabis zu Genusszwecken im Gange. Wenn ein Cannabis-Produkt weniger als ein Prozent des Wirkstoffs Tetrahydrocannabinol (THC) beinhalte, sei es frei erhältlich.

Tschechien verbietet den Anbau und Besitz von Cannabis als Rauschmittel. Laut den Autor:innen wird bei geringen Mengen jedoch in der Regel von einer Strafverfolgung abgesehen. Zu medizinischen Zwecken könne Cannabis seit einigen Jahren auf Rezept verschrieben werden.

„In Frankreich ist eine allgemeine Legalisierung von Cannabis derzeit nicht in Sicht“, so die MDR-Redaktion. Jedoch laufe für die medizinische Nutzung der Pflanze ein Pilotprojekt zur Behandlung schwerer Krankheiten.

Auch in Spanien werde seit dem letzten Jahr an einer Legalisierung von Cannabis für medizinische Zwecke gearbeitet. Von einer Legalisierung zu Genusszwecken sei aber vorerst nicht auszugehen. In einem rechtlichen Graubereich gebe es allerdings private Clubs, in deren Räumlichkeiten zahlende Mitglieder Cannabis konsumieren können.

In Italien spricht sich die Regierung gegen eine Legalisierung von Cannabis aus. Im Herbst 2021 sammelten Befürworter:innen einer Cannabis-Legalisierung jedoch hunderttausende Stimmen für ein Referendum. „Sie scheiterten damit aber vor dem Verfassungsgericht“, so die MDR-Redaktion. Auch die rechtsnationale Ministerpräsidentin Giorgia Meloni lehne eine Cannabis-Legalisierung strikt ab.

Anmerkungen der Redaktion

Der MITTELDEUTSCHE RUNDFUNK (MDR) ist die Landesrundfunkanstalt für das Land Sachsen-Anhalt sowie für die Freistaaten Sachsen und Thüringen. 1991 wurde der MDR gegründet und startete 1993 auch im Fernsehen. Der MDR ist Teil der öffentlich-rechtlichen Sender und Mitglied der ARD. Er wird hauptsächlich über die Rundfunkgebühren finanziert. Durch den Rundfunkstaatsvertrag ist die Unabhängigkeit und Überparteilichkeit festgeschrieben. Zu den Radiosendern gehören MDR Sachsen, MDR Sachsen-Anhalt, MDR Thüringen, MDR Jump, Sputnik, MDR Tweens, MDR Kultur, MDR Aktuell und MDR Klassik. Seine Auslandskorrespondent:innen hat der MDR in Brüssel, Washington, Paris, Zürich, Prag, Neu-Delhi und Shanghai. Intendantin ist seit 2011 die Juristin Karola Wille. Der MDR betreibt außerdem das Portal MDR360G, das einen umfassenden Blick über die Medienwelt ermöglichen soll, indem es Analysen, Texte und Videos zu Medien und ihrer Funktionsweise veröffentlicht.