Schadet es Familien, wenn das Elterngeld gekürzt wird?

14.07.2023 - Themenbereiche: Nordrhein-Westfalen, Politik, Soziales
Rückansicht eines Kleinkindes, an den Händen von Mutter und Vater

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Kurzfassung

Die geplante Senkung der Einkommensgrenze beim Elterngeld sorgt auch nach Beginn der parlamentarischen Sommerpause weiter für Diskussionen. Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) hatte Anfang Juli verkündet, dass Paare mit einem zu versteuernden Einkommen ab 150.000 Euro, deren Kind nach dem 1. Januar 2024 geboren wird, kein Elterngeld mehr erhalten sollen. Derzeit liegt die Einkommensgrenze noch bei 300.000 Euro – diese sieht Paus jedoch mit den Sparvorgaben von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) nicht länger vereinbar. Nach ihrer Angabe sollen rund 60.000 Familien von den Einsparungen betroffen sein, der Bundeshaushalt werde dadurch im Jahr 2024 um rund 290 Millionen Euro entlastet. Doch der Plan aus dem Familienministerium stößt auf Widerspruch – auch in Nordrhein-Westfalen.

NRW-Chef Wüst befürchtet Schwächung gut ausgebildeter Frauen

In den Augen von NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) ist die Kürzung des Elterngelds „ein schwerer Schlag“ für künftige Eltern und Familien. Die staatliche Leistung habe bisher wichtige Anreize für eine gerechtere Aufteilung der Erwerbs- und Sorgearbeit gesetzt. Die vorgesehene Absenkung der Verdienstobergrenze schwäche vor allem gut ausgebildete Frauen und dränge diese in Abhängigkeiten zum oft besserverdienenden Elternteil. „Ich hoffe sehr, dass die Bundesregierung diesen Fehler korrigiert“, plädiert der CDU-Landeschef in einem Interview mit dem Nachrichtenmagazin SPIEGEL.

Das Elterngeld wurde im Jahr 2007 eingeführt, um Einkommensverluste auszugleichen, wenn Eltern ihr Kind nach der Geburt betreuen. Die staatliche Leistung soll insbesondere auch Väter dazu bewegen, sich aktiv an der Kindererziehung zu beteiligen. In NRW stieg der Väteranteil unter allen Elterngeldbeziehenden nach Angaben des Statistischen Landesamts im Jahr 2022 zwar leicht an. Dennoch ist die Zahl der Frauen, die in Nordrhein-Westfalen Elterngeld erhalten, immer noch mehr als dreimal so hoch.

Schadet es Familien, wenn das Elterngeld für Besserverdienende gekürzt wird?

Acht Perspektiven

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„Die Pläne zum Elterngeld sind ein verheerendes Signal“

Rheinische Post (RP), 04.07.2023 - Julia Rathcke

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Die Perspektive in 30 Sekunden

Bundesfamilienministerin Paus erntet zu Recht viel Kritik für die Sparmaßnahme, kommentiert die Redakteurin Julia Rathcke. Für viele junge Menschen sende der Sparplan nämlich das völlig falsche Signal: „Letztlich fördert die Regelung den Rückschritt in das Einverdienermodell, was in vielen Fällen auf den Mann hinausliefe“, kritisiert Rathcke in der Tageszeitung RHEINISCHE POST (RP).

In einer Zeit, in der die Lohnlücke zwischen gleich qualifizierten Männern und Frauen seit Jahren fortbestehe, zwinge das Vorhaben viele Frauen dazu, ihre Karriere für die Kinderbetreuung aufzugeben. Das wiederum erhöhe die finanzielle Abhängigkeit der Mütter – und mit ihr das Risiko der Altersarmut. Rathcke wertet die Elterngeldkürzung daher als rückwärtsgewandt, weil sie die Ungleichheit zwischen Frau und Mann fördere.

Die Autorin befürchtet zudem, dass die Pläne der Bundesfamilienministerin sich negativ auf die Geburtenrate auswirken: „Neben Betreuungsplatzmangel und steigenden Mieten in größeren Städten werden junge Paare, die es eigentlich stemmen könnten, in Zukunft wieder häufiger abwägen und zweifeln: Kinder oder Karriere“, mahnt sie.

Anmerkungen der Redaktion

Julia Rathcke ist Redakteurin im Ressort Politik und Meinung der RHEINISCHEN POST (RP). Sie schreibt Analysen, Kommentare und Essays zu aktuellen politischen und gesellschaftlichen Themen. Seit Januar 2022 leitet sie zudem die Journalistenschule der RP. Für das Blatt hat sie Anfang 2016 die Berichterstattung über die AfD übernommen. Dafür wurde Rathcke vom MEDIUM MAGAZIN im Jahr 2017 als „Beste Reporterin regional“ ausgezeichnet. Die studierte Germanistin und Theologin hat bei der KATHOLISCHEN NACHRICHTEN-AGENTUR (KNA) in Bonn und Berlin volontiert und unter anderem auch für das REDAKTIONSNETZWERK DEUTSCHLAND (RND) gearbeitet.

Die RHEINISCHE POST (RP) ist eine regionale Tageszeitung, die zur „Rheinische Post Mediengruppe“ gehört. Der Schwerpunkt der Berichterstattung liegt auf Nordrhein-Westfalen. Die Zeitung wurde 1946 gegründet und hat ihren Hauptsitz in Düsseldorf. Chefredakteur ist Moritz Döbler. Laut einem Ranking von KRESS.DE war die RHEINISCHE POST die zweitmeist zitierte Regionalzeitung Deutschlands. Die verkaufte Auflage lag im ersten Quartal 2023 bei rund 225.000 Exemplaren. Das entspricht einem Minus von 44 Prozent seit 1998. Trotzdem dominiert die RHEINISCHE POST laut ÜBERMEDIEN den Markt Düsseldorfer Lokalzeitungen und hat andere Lokalangebote weitestgehend verdrängt. Für die Berichterstattung über einen Fall mehrfacher Kindstötung in Solingen hat die RHEINISCHE POST zusammen mit der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG und der BILD eine Rüge des Presserats erhalten. Die RHEINISCHE POST hatte Chatnachrichten eines Kindes veröffentlicht. Die RP gilt als liberal-konservatives Blatt, das politisch der CDU nahesteht. Sie beschreibt sich selbst als „Zeitung für Politik und christliche Kultur“, die für „Demokratie, Freiheit und Menschenwürde“ eintritt.

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„Die Elterngeld-Einsparungen sind für Familien ein Schlag ins Gesicht“

Capital, 04.07.2023 - Verena Pausder

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Die Perspektive in 30 Sekunden

„Die Elterngeld-Einsparungen sind für Familien ein Schlag ins Gesicht“, findet die Unternehmerin Verena Pausder. Aus ihrer Sicht droht die Ampel-Koalition damit eines ihrer zentralen Wahlversprechen zu brechen: den Schwur einer modernen Familienpolitik. Die Pläne des Familienministeriums sprechen in den Augen der Autorin jedenfalls eine andere Sprache: „Nämlich: Familien stehen auf der Agenda weit unten“, betont Pausder im Wirtschaftsmagazin CAPITAL.

Dabei seien die Rahmenbedingungen vieler Familien ohnehin erschwert – durch die Inflation, den Kitaplatzmangel und allgemeine wirtschaftliche Unsicherheiten. „Jetzt überhaupt über Kürzungen des Elterngeldes zu sprechen, egal, wie viele, wenige oder welche Paare davon betroffen sind, ist das absolut falsche Signal“, konstatiert Pausder. Zumal die Kürzung just in dem Moment angekündigt worden sei, als im Petitionsausschuss des Bundestages gerade eine Anhörung über eine geforderte Erhöhung des Elterngeldes stattgefunden habe.

Besonders bitter sei es, dass die Kürzungen für Betroffene „aus dem Nichts kommen“: Die Finanzplanung vieler Paare, die derzeit ein Kind erwarten, werde durch die angekündigte Sparmaßnahme zunichtegemacht. Im Falle des Höchstsatzes von monatlich 1.800 Euro seien diese bald gezwungen, auf über 20.000 Euro zu verzichten – obwohl das Geld zuvor in die Familienplanung eingerechnet war. Bei den Betroffenen hinterlasse das vor allem eine Botschaft: „Auf die Politik kann man sich nicht verlassen.“

Anmerkungen der Redaktion

Verena Pausder ist Unternehmerin und Autorin. Die gelernte Ökonomin gründete den Verein „Digitale Bildung für Alle“, der sich für mehr Chancengerechtigkeit in der digitalen Bildung einsetzt. Sie co-initiierte außerdem die Initiative #stayonboard, die erfolgreich eine Gesetzesänderung für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf in Führungspositionen bewirkte. Pausder gründete und leitete mehrere Unternehmen und ist momentan unter anderem als Co-Leiterin des FC Victoria Berlin für einen starken Frauenfußball aktiv. Außerdem war sie Aufsichtsratsmitglied bei der Commerzbank-Tochter Comdirect. Pausder co-moderiert den wöchentlich erscheinenden Business-Podcast „Fast & Curious“, in dem es unter anderem um Unternehmertum, Aktuelles aus der Gründerszene, Investments und Wirtschaftstrends geht. Sie erhielt mehrere Auszeichnungen, darunter „Vordenker*innen des Jahres“ vom HANDELSBLATT, Forbes „Top 50 Women in Tech“ und „Unternehmerbuch des Jahres“ für ihr Buch „Das Neue Land“.

CAPITAL ist ein monatlich erscheinendes Wirtschaftsmagazin des Medienverlags Gruner + Jahr, das seit 1962 erscheint. In den 1970er- und 1980er-Jahren gehörte es zu den meinungsführenden Wirtschaftsmagazinen in Deutschland. Heute ist die verkaufte Auflage stark eingebrochen und lag etwa im Frühjahr 2020 nur noch bei rund 110.000 Exemplaren. Zuletzt ist die Auflage wieder leicht gestiegen: Im ersten Quartal 2023 lag sie gemäß IVW-Ausweisung bei rund 112.606 Exemplaren. Wirtschaftliche Themen werden bei CAPITAL aus unterschiedlichen Perspektiven behandelt. Neben klassischen neoliberalen Positionen vertreten einige Texte auch links-progressive und ökologische Haltungen.

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„Ein anderer Blick auf die Welt“

Tageszeitung (TAZ), 04.07.2023 - Gereon Asmuth

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Die Perspektive in 30 Sekunden

Der Ressortleiter Gereon Asmuth hält die geplante Streichung des Elterngelds für besonders gut Verdienende für zu kurz gedacht. Denn bei genauem Hinschauen erkenne man: „[S]ie trifft vor allem Männer – und die haben Nachholbedarf“, stellt er in der TAGESZEITUNG (TAZ) heraus.

Von allen Elterngeld-Empfänger:innen, die den höchstmöglichen Satz von 1.800 Euro pro Monat bekommen, seien mehr als 60 Prozent Männer. „Und genau die trifft die nun geplante Kürzung“, räumt Asmuth ein. Schließlich werde die Elternzeit bislang vor allem von gutverdienenden Männern genutzt. „Bei allen anderen ist die Beteiligung der Männer an der Babybetreuung immer noch peinlich niedrig“, meint der Autor.

Um diesem Missstand entgegenzuwirken, braucht es laut des Autors mehr Vorbilder auf den höchsten Hierarchieebenen. Denn wer selbst die Erfahrung einer Elternzeit mache, der gehe auch anders mit Kollegen oder Mitarbeitern in ähnlichen Situationen um. „So aber wird gut verdienenden Männern zu verstehen gegeben, dass es auf sie bei der Kinderbetreuung nicht so ankommt“, bemängelt der Kommentator.

Anmerkungen der Redaktion

Gereon Asmuth ist ein deutscher Journalist und Leiter des Regie-Ressorts bei der TAZ, welches die zentrale Planung der Themen für Online und Print koordiniert. Für die TAZ schreibt Asmuth seit 1995. Er hat in Bochum, Berlin und Barcelona Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation studiert. Bei der TAZ fing er zunächst als Praktikant an, wurde Leiter der Berlin-Redaktion und war von 2012 bis 2019 als Leiter der TAZ.eins-Redaktion mitverantwortlich für die ersten fünf Seiten der Printausgabe. Seit 2019 ist er Leiter des Regie-Ressorts. Asmuth schreibt hauptsächlich Kommentare, die sich mit der Berliner Landespolitik, der Stadtentwicklung sowie der Wohnungs- bzw. Mietenpolitik auseinandersetzen.

Die TAGESZEITUNG (TAZ) ist eine überregionale deutsche Tageszeitung. Sie wurde 1978 als alternative, selbstverwaltete Zeitung gegründet – unter anderem vom Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele. Die Zeitung hat sich besonders in ihrer Anfangszeit an Linke, Studierende, Grüne und die Hausbesetzer-Bewegung gerichtet. Erklärtes Ziel der TAZ ist es seither, eine Gegenöffentlichkeit zu schaffen. Sie gehört heute zu den zehn größten überregionalen Tageszeitungen in Deutschland, mit einer verkauften Auflage von rund 45.000 Exemplaren (1/2023). Nach eigenen Angaben verzeichnet die Webseite TAZ.DE bis zu 14 Millionen Zugriffe monatlich (1/2023). Das Goethe-Institut verortet die TAZ als „grün-linkes“ Blatt und betont besonders die oft sehr kritische Berichterstattung der Zeitung. Eurotopics sieht die TAZ als linkes Medium und stellt die gestaffelte Preisgestaltung und die Entscheidung gegen Online-Bezahlschranken als Besonderheiten der Zeitung heraus. Die TAZ wird genossenschaftlich herausgegeben, jährlich findet eine Generalversammlung statt, an der jedes der zuletzt (2022) rund 22.000 Mitglieder teilnehmen kann. Die Chefredaktion teilen sich Barbara Junge, Ulrike Winkelmann und Katrin Gottschalk.

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„Diskussion über das Elterngeld: Hört auf, so zu tun, als ginge es um die Mittelschicht“

Tagesspiegel, 05.07.2023 - Valerie Höhne

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Die Perspektive in 30 Sekunden

Die Politische Korrespondentin Valerie Höhne kann den Aufschrei gegen die Pläne von Bundesfamilienministerin Paus nicht nachvollziehen. Immerhin betreffe die Kürzung nur einen Bruchteil aller werdenden Eltern – und zwar die besonders einkommensstarken. „Es geht in der Debatte um die Elterngeldkappung nicht um die Mitte der Gesellschaft“, hebt sie in der Tageszeitung TAGESSPIEGEL hervor.

Immerhin handele es sich bei der kommunizierten Einkommensgrenze von 150.000 Euro nicht um den Brutto-Jahresverdienst, sondern lediglich um die Summe, die versteuert werden muss – also nach Abzug diverser Freibeträge. „[D]as Familienministerium rechnet mit einer Kappung ab einem Brutto-Haushaltseinkommen von 180.000 Euro“, betont Höhne. „Das ist, in den allermeisten Fällen, die Oberschicht.“

Es gehe um Paare, die offenbar schon recht früh in ihrer Karriere zu den oberen fünf Prozent der Einkommenstabelle gehören – und entsprechend früh die Möglichkeit haben, vorzusorgen. „Die, unabhängig von Elterngeld, einen Kinderwagen für 1000 Euro kaufen, weil es ja doch das Beste für die Hüften der Kleinen sei“, überspitzt die Autorin. Diese Familien können es sich ihrer Meinung nach auch ohne Elterngeld leisten, die Lebenshaltungskosten einer Familie zu stemmen – und zwar egal in welcher Stadt.

Anmerkungen der Redaktion

Valerie Höhne ist Politische Korrespondentin im Hauptstadtbüro des TAGESSPIEGELS. Die studierte Biologin hat die Deutsche Journalistenschule in München besucht. Schwerpunktmäßig berichtet Höhne derzeit über die FDP. Zuvor legte die Politikredakteurin ihr Hauptaugenmerk auf die Grünen. Als Co-Host moderiert sie den wöchentlichen Nachrichten-Podcast „Stand der Dinge“.

DER TAGESSPIEGEL ist eine 1945 gegründete Tageszeitung aus Berlin. Die Auflage betrug im ersten Quartal 2023 rund 102.000 Exemplare. Im Unterschied zur BERLINER ZEITUNG wird der TAGESSPIEGEL traditionell vor allem in den westlichen Bezirken der Stadt gelesen, da die Mauer die Verbreitung der Zeitung auf Westberlin beschränkt hatte. Seit 2014 erhält der TAGESSPIEGEL besondere Aufmerksamkeit durch den Checkpoint Newsletter, der täglich aus Berlins Politik, Wirtschaft und Gesellschaft berichtet. EUROTOPICS beschreibt die Blattlinie der Zeitung als liberal. Der TAGESSPIEGEL wurde lange Zeit den regionalen Zeitungen zugerechnet, verfolgt seit einigen Jahren jedoch verstärkt eine überregionale Ausrichtung. Die Printauflage bleibt jedoch stark regional dominiert.

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„Weniger Eltern sollen Elterngeld bekommen – richtig so!“

Wirtschaftswoche (WIWO), 04.07.2023 - Niklas Hoyer

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Die Perspektive in 30 Sekunden

Der Ressortleiter Niklas Hoyer findet den Schritt richtig, den Kreis an Elterngeldberechtigten einzuschränken. Nach seinem Dafürhalten bekommt die staatliche Leistung dadurch einen stärkeren sozialen Charakter: „Es wird weniger mit der Gießkanne verteilt, sondern soll häufiger bei denen ankommen, die es auch wirklich brauchen“, kommentiert er in der Wochenzeitung WIRTSCHAFTSWOCHE (WIWO).

Angesichts der begrenzten Haushaltsspielräume hält Hoyer es für das mildeste Mittel, bei den Spitzeneinkommen einzusparen. „Die offenbar auch diskutierte Alternative – eine allgemeine Senkung des Elterngeldes – wäre in diesen Zeiten komplett daneben gewesen“, meint er. Die geplante Maßnahme dagegen treffe ganz überwiegend Eltern, die das auffangen können. „Viele von ihnen nehmen die Leistung sonst sicherlich gerne mit, aber sind nicht darauf angewiesen“, so der Autor.

Um eine ausgeglichenere Rollenverteilung in Paarbeziehungen und Familien zu erzielen, regt Hoyer zudem an, vielmehr die ungleiche Verteilung des Elterngelds zwischen Müttern und Vätern zu diskutieren. „Die meisten Väter beschränken sich auf nur zwei Monate, damit das Paar gemeinsam den Maximalanspruch beim Basiselterngeld von 14 Monaten ausschöpfen kann“, so Hoyer. Dabei gebe es bereits diskussionswürdige Modelle, um einen stärkeren Anreiz für eine ausgewogenere Verteilung zu setzen.

Anmerkungen der Redaktion

Niklas Hoyer leitet die Ressorts „Verbraucherfinanzen“ und „WiWo Coach“ bei der WIRTSCHAFTSWOCHE (WIWO). Schwerpunktmäßig befasst er sich mit den Themen Geldanlage, Altersvorsorge, Steuern und Immobilien. Hoyer hat Volkswirtschaftslehre an der Berliner-Humboldt-Universität und der Pariser ENSAE studiert. Anschließend besuchte er die Holtzbrinck-Schule für Wirtschaftsjournalist:innen.

Die WIRTSCHAFTSWOCHE ist eine seit 1926 bestehende überregionale Wochenzeitung mit Sitz in Düsseldorf, deren verkaufte Auflage zuletzt bei etwas über 99.000 lag (1/2023). Sie erscheint im Handelsblatt Verlag, der mit dem HANDELSBLATT eine weitere renommierte Wirtschaftszeitung herausgibt. In ihrer Ausrichtung gilt die Zeitung als wirtschaftsliberal. Die WIRTSCHAFTSWOCHE gehört zu den Pflichtblättern an den Börsen in Düsseldorf und Frankfurt und erfährt Aufmerksamkeit vor allem über ihre Berichterstattung mit Rankings, etwa zu Hochschulen oder Städten. Der Vermarkter Iq Media zeichnet die Hauptzielgruppe der WIRTSCHAFTSWOCHE als männlich, mittelständisch und überdurchschnittlich wohlhabend.

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„Empört euch lieber über Kinderarmut, bevor ihr Elterngeldkürzungen bei Privilegierten ungerecht nennt“

Stern, 05.07.2023 - Gerrit-Freya Klebe

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„Empört euch lieber über Kinderarmut, bevor ihr Elterngeldkürzungen bei Privilegierten ungerecht nennt“, fordert die Redakteurin Gerrit-Freya Klebe. Jedes fünfte Kind in Deutschland sei armutsgefährdet. Doch diese Zahl löse in der Öffentlichkeit weit weniger Empörung aus als die Tatsache, dass privilegierten Familien das Elterngeld gestrichen werden soll, mahnt sie im Wochenmagazin STERN.

Im vergangenen Jahr habe es 11,86 Millionen Familien in Deutschland gegeben. Bei 60.000 Paaren, die laut Paus von der Kürzung betroffen sind, drehe sich die Debatte also nur um 0,5 Prozent aller Familien. Gleichzeitig aber seien von 17,2 Millionen deutschen Kindern 21,6 Prozent von Armut betroffen – „Tendenz steigend“, unterstreicht Klebe. Doch dieser Trend gehe im „Trara der Wohlstandselternblase“ verloren.

Parallel zum Elterngeld werde in der Regierung nämlich auch weiterhin um die Kindergrundsicherung gerungen: „Finanzminister Christian Lindner will für die Kindergrundsicherung, einem der zentralen Projekte, das Kinderarmut bekämpfen soll, nur zwei statt geplanten zwölf Milliarden Euro ausgeben“, tadelt Klebe. „Wurde sich da bisher wirklich über den wahren Skandal aufgeregt?“, gibt Klebe zu bedenken.  

Anmerkungen der Redaktion

Gerrit-Freya Klebe ist Online-Redakteurin beim Nachrichtenmagazin STERN. Nach dem Abitur hat sie zunächst ein Volontariat bei der Axel-Springer-Akademie absolviert. Von dort aus ging sie nach einem Jahr Freiwilligendienst beim Roten Kreuz an die Fachhochschule Kiel, um dort Soziale Arbeit zu studieren. Nach Abschluss ihres Studiums fing sie beim STERN im Ressort „Leben“ an.

Der STERN ist ein 1948 von Henri Nannen gegründetes Wochenmagazin. Die verkaufte Auflage lag im ersten Quartal 2023 bei rund 315.000 Exemplaren. Der STERN wird zu den Leitmedien gezählt, also zu solchen, die einen besonderen Einfluss auf die öffentliche Meinung und auf andere Massenmedien ausüben. In der politischen Grundausrichtung beschreibt das Goethe-Institut den STERN als „tendenziell eher links“. Das Magazin beleuchtet politische und gesellschaftliche Themen, bietet klassische Reportagen und porträtiert Prominente. Ein besonderer Fokus liegt – ähnlich dem US-amerikanischen TIMES Magazin – auf Fotografie. Im Februar 2022 hatte der STERN digital rund 63 Millionen Besucher:innen zu verzeichnen. Der STERN gehört zudem zum bekannten Verlag GRUNER + JAHR.

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„Wie hoch ist das Elterngeld 2023 – und wie lange bekommt man es?“

Remscheider General-Anzeiger (RGA), 06.07.2023 - RGA-Redaktion

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„Nach wie vor ist das Elterngeld für zahlreiche Familien eine wichtige finanzielle Unterstützung nach der Geburt eines Kindes“, stellt die Redaktion des REMSCHEIDER GENERAL-ANZEIGERS (RGA) fest. In einem Überblick fasst die Regionalzeitung Details zu Höhe und Dauer der Leistung zusammen.

Leistungsberechtigt sind derzeit noch Paare, deren zu versteuerndes Gesamteinkommen 300.000 Euro nicht überschreitet. Bei Alleinerziehenden liege die Grenze bei 250.000. Grundsätzlich bestehe die Wahl zwischen dem Basiselterngeld und dem Elterngeld Plus. Das Basiselterngeld werde bis zu 14 Monate lang zum vollen Satz gezahlt (maximal 1.800 Euro), während das Elterngeld Plus den halben Satz für eine Dauer von bis zu 28 Monaten biete.

Das Basiselterngeld beträgt 65 Prozent des Nettolohns vor der Geburt des Kindes. Geht nur ein Elternteil in Elternzeit, wird die Leistung bis zu 12 Monate lang gezahlt. Nehme jedoch auch der Partner mindestens zwei Monate Elternzeit in Anspruch, belohne der Gesetzgeber das mit zwei weiteren Monaten Basiselterngeld. Die insgesamt 14 Monate können Paare beliebig untereinander aufteilen. Dazu werde das Basiselterngeld auch für Teilzeitarbeitende mit unter 32 Wochenstunden gezahlt.

Mit dem Elterngeld Plus können Paare, die eine längere Elternzeit planen, den Auszahlungszeitraum strecken. Die Stiftung Warentest empfehle das vor allem Müttern und Vätern, die zügig nach der Geburt wieder in Teilzeit arbeiten gehen wollen. Zuschläge gebe es in beiden Varianten für Mehrlingsgeburten sowie für Eltern, die neben dem Neugeborenen schon ein weiteres Kind unter drei Jahren oder zwei oder mehr ältere Kinder haben, die noch nicht sechs Jahre alt sind.

Weiterhin empfiehlt die Redaktion den Elterngeld-Schnellrechner vom Bundesfamilienministerium, der mit wenigen Angaben einen ungefähren Richtwert zur Höhe des möglichen Elterngeldanspruches bietet.

Anmerkungen der Redaktion

Der REMSCHEIDER GENERAL-ANZEIGER ist eine lokale Tageszeitung aus Remscheid, in der Nähe von Wuppertal. Die eigene Remscheider Lokalredaktion produziert den Regional- und Lokalteil der Zeitung. Der Mantelteil wird von der WESTDEUTSCHEN ZEITUNG bezogen. Der REMSCHEIDER GENERAL-ANZEIGER gehört der B. Boll Mediengruppe, die auch das SOLINGER TAGEBLATT und mehrere Anzeigenmagazine verwaltet. Chefredakteur des REMSCHEIDER GENERAL-ANZEIGERS ist seit 1991 Stefan Kob, der zuvor rund 7 Jahre für das SOLINGER TAGEBLATT tätig war. Die verkaufte Auflage des REMSCHEIDER GENERAL-ANZEIGERS betrug im ersten Quartal 2023 rund 12.000 Exemplare.

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„Kein Elterngeld? Junges Paar fühlt sich ‚im Stich gelassen‘“

Neue Ruhr Zeitung (NRZ), 09.07.2023 - Christiane Rebhan

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Die Redaktion der NEUEN RUHR ZEITUNG (NRZ) hat mit einem jungen Paar gesprochen, das seinen Anspruch auf Elterngeld nach der neuen Regel aus dem Familienministerium verlieren würde. Wie die Elterngeldkürzung die Familie verunsichert, beschreibt die Korrespondentin für Bundespolitik Christiane Rebhan.

Natalie Z. sei werdende Mutter und Strategiechefin bei einem deutschen Internetunternehmen. Ihr Partner Pascal K. arbeitet als Stratege in einer deutschen Pharmafirma. Beide planen, jeweils sechs Monate Elternzeit zu nehmen. Zwar würde Natalie laut Rebhan gerne noch länger bei ihrem Kind bleiben, aber auf ein komplettes Einkommen zu verzichten, kam für das Paar nicht infrage. Doch das jüngste Vorhaben aus dem Familienministerium durchkreuzt ihre Pläne. Denn mit einem gemeinsamen zu versteuernden Jahreseinkommen von 235.000 Euro würden sie nach der Geburt des Kindes kein Elterngeld mehr erhalten.

Angesichts ihrer Familienpläne haben die Berliner kürzlich eine größere Wohnung bezogen. Das Paar plant mit Fixkosten von rund 4600 Euro im Monat. Zudem ist Natalie aufgrund ihres Einkommens privat krankenversichert – „das bedeutet, dass sie in Elternzeit den Firmenanteil des Versicherungsbeitrags selbst übernehmen muss“, erläutert Rebhan. Außerdem zahle die gut ausgebildete Angestellte monatlich einen Studienkredit für ihr Wirtschaftsstudium im Ausland zurück. „Ich fühle mich im Stich gelassen“, zitiert die NRZ Natalie. „Es wäre das erste Mal, dass ich finanzielle Unterstützung vom Staat bekomme, nun entfällt auch das.“

Angesichts der diskutierten Elterngeldkürzung zieht das junge Paar es nun in Erwägung, statt einem Jahr nur insgesamt sechs Monate Elternzeit zu nehmen. Doch wenn beide wieder früher in ihre Berufe einsteigen, braucht es eine Betreuung für das Kind – und auch die sei nur schwierig zu finden. Das Paar hofft nun, dass der Schwellenwert von 150.000 Euro doch noch einmal angehoben wird.

Anmerkungen der Redaktion

Christiane Rebhan ist Korrespondentin für Bundespolitik bei der Zentralredaktion der FUNKE MEDIENGRUPPE. Schwerpunktmäßig berichtet sie über die CDU/CSU, einen weiteren Fokus legt sie auf die Bundesministerien für Digitales und Verkehr sowie Arbeit und Soziales. Bis Februar 2023 war sie Parlamentskorrespondentin bei BUSINESS INSIDER, wo sie für die Grünen und die CDU zuständig war. Sie arbeitete für die BILD als Landtagskorrespondentin sowie für die STUTTGARTER ZEITUNG als Redakteurin für Politik und Sport. Rebhan hat an der Friedrich-Alexander-Universität in Erlangen und Nürnberg Politikwissenschaft und Geschichte studiert.

Die NEUE RUHR ZEITUNG (NRZ) ist eine seit 1946 erscheinende Regionalzeitung aus Nordrhein-Westfalen mit Redaktionssitz in Essen. Dietrich Oppenberg bekam nach dem Zweiten Weltkrieg von der britischen Militärverwaltung die Lizenz zur Herausgabe einer Zeitung. Einer der Mitlizenznehmer war der SPD-Politiker Wilhelm Nieswandt, der auch später Oberbürgermeister von Essen wurde. Von den Briten wurde die Lizenz für eine sozialdemokratische Zeitung erteilt, nach dem System des Außenpluralismus. Danach sollte es mehrere konkurrierende Zeitungen geben, mit unterschiedlich ausgerichteten, aber klar bestimmten Weltanschauungen. Im westlichen Ruhrgebiet erscheint sie unter dem Namen NEUE RUHR ZEITUNG, am Niederrhein unter dem Namen NEUE RHEIN ZEITUNG. Die Zeitung gehört zur Funke Mediengruppe und unterhält dreizehn Lokalredaktionen. Die überregionalen Seiten der Zeitung werden von einer Zentralredaktion gemeinsam mit der WESTDEUTSCHEN ALLGEMEINEN ZEITUNG (WAZ) und der WESTFÄLISCHEN ZEITUNG geschrieben. Die Auflage wird innerhalb der Zeitungen, die in Nordrhein-Westfalen zur Funke-Mediengruppe gehören, nicht gesondert ausgewiesen. Deren verkaufte Auflage lag im ersten Quartal 2023 bei rund 370.000 Exemplaren.